Rz. 102

Den Hinterbliebenen sind diejenigen Kosten vorab zuzubilligen, die der Sicherung einer standesgemäßen Haushaltsführung dienen. Sie werden zunächst beim Nettoeinkommen des Getöteten abgezogen und später dann dem errechneten Unterhaltsanteil des/der Hinterbliebenen wieder hinzugerechnet.

 

Rz. 103

Bei den fixen Kosten handelt es sich um Aufwendungen, die der Unterhaltsverpflichtete dem Unterhaltsberechtigten nach Maßgabe seines Lebensbedarfs schuldet (BGH DAR 2007, 201, 203). Das Gericht kann jedoch, anstatt die Leistungen im Einzelnen auf die Leistungsempfänger zu verteilen, nach § 287 ZPO schätzen und dabei einen Mittelwert berücksichtigen. Der BGH hat deshalb eine Verteilung von 2:1 bei einem Elternteil mit Kind nicht beanstandet und dabei dem Erfahrungssatz Rechnung getragen, dass der Unterhaltsbedarf eines Elternteils im Allgemeinen höher ist als der eines Kindes (BGH a.a.O.).

 

Rz. 104

Zu den fixen Kosten gehören alle nicht teilbaren und nicht personengebundenen Kosten der Haushaltsführung, also alle Kosten, die unabhängig von dem Wegfall des Getöteten für die "Restfamilie" unverändert weiterlaufen (BGH NZV 1998, 149; OLG Brandenburg NZV 2001, 213). Der Anfall und die Höhe der fixen Kosten muss von dem Hinterbliebenen vorgetragen und auch nachgewiesen werden, wobei die Berücksichtigung von Statistiken grundsätzlich nicht zulässig ist (OLG Celle zfs 1987, 229; OLG Brandenburg NZV 2001, 213).

 

Rz. 105

Dazu gibt es eine "Fixe-Kosten-Liste" (siehe Anlage 5; Fixe-Kosten-Liste bei Schah Sedi/Schah Sedi, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 5, § 4 Rn 42), welche die Mandantschaft ausfüllen sollte, um diese Position zutreffend errechnen zu können. Die bekannteste ist die zuvor erwähnte von Ege. Es wird von der Rechtsprechung auch gebilligt, wenn die fixen Kosten mit 40 % des Familieneinkommens geschätzt werden (BGH DAR 2007, 201 ff.).

 

Rz. 106

Zu den fixen Kosten gehören z.B.: Miete, Strom, Heizung, Wasser, sämtliche Abgaben, Kosten für Zeitung, Radio und Fernsehen, Telefonkosten (Grundgebühr), Reinigungsmittel, Pkw-Kosten (mit Ausnahme des Wertverlustes, also Zinsen, Tilgung und Abschreibung, dafür aber Rückstellungen für Ersatzbeschaffung), Versicherungsprämien, soweit sie dem Schutz der Familie dienen, Zinsen und Tilgung für ein Eigenheim bis zur Höhe der fiktiven Miete, bei Mietwohnung Rücklagen für Reparaturen und Schönheitsreparaturen, bei Eigenheim: fiktive Kosten für Reparaturrücklagen bis zur Höhe einer vergleichbaren Mietwohnung (OLG Brandenburg zfs 1999, 330; NZV 2001, 213).

 

Rz. 107

Nach neuerer Rechtsprechung (BGH DAR 1998, 99) gehören zu den im Rahmen der Berechnung des Unterhaltsschadens nach § 844 Abs. 2 BGB zu ermittelnden "fixen Kosten" auch die Aufwendungen für den Kindergartenbesuch der hinterbliebenen Waisen.

 

Rz. 108

Keine fixen Kosten sind z.B.: Aufwendungen zur Vermögensbildung, insbesondere Kosten des Erwerbs eines Eigenheims und Lasten eines vorhandenen Eigenheims, die über die fiktive Miete hinausgehen, personengebundene Kosten wie Kindergarten, Privatunterricht usw.

 

Rz. 109

Der Geschädigte ist für die Höhe und den tatsächlichen Anfall der fixen Kosten nachweispflichtig. Pauschalberechnungen oder der Rückgriff auf Statistiken sind nicht zu empfehlen.

 

Rz. 110

Der exakten Ermittlung der fixen Kosten kommt aber stets ganz besondere Bedeutung zu, führt sie doch zu einer teilweise recht erheblichen Erhöhung des Barunterhaltsschadens, wie die nachstehenden Berechnungsbeispiele zeigen werden. Zwar sind die fixen Kosten vor der Berechnung der Unterhaltsanteile der einzelnen Unterhaltsberechtigten abzuziehen, deren Gesamtbetrag wird aber nach Errechnung der Unterhaltsanteile auf die verbliebenen Familienmitglieder wieder aufgeteilt und deren Unterhaltsanteilen zugeschlagen, sodass der Anteil des getöteten Familienmitgliedes den verbleibenden Familienmitgliedern anwächst.

 

Rz. 111

Damit wird der Lebensstandard der Hinterbliebenen nach dem Tode des Unterhaltsverpflichteten aufrechterhalten. Je höher also der Betrag der fixen Kosten der Haushaltsführung ist, umso höher ist der zu ersetzende Unterhaltsschaden. Besondere Bedeutung haben daher die fixen Kosten bei geringeren Einkünften, da sie dort relativ höher sind als bei gehobenen Einkünften.

 

Rz. 112

 

Tipp

Die möglichst genaue, aber auch möglichst umfassende Errechnung der "fixen Kosten" wirkt sich für den Mandanten immer positiv aus. Je mehr vom Nettoeinkommen des Getöteten abgezogen werden kann, umso mehr wird später dem Unterhaltsanspruch des Hinterbliebenen wieder hinzugerechnet. Versicherer versuchen daher verständlicherweise immer wieder, diese Position herunterzuspielen und zu vernachlässigen. Sie begründen das gern mit "Gründen der Praktikabilität". Tatsächlich handelt es sich um rein wirtschaftliche Gesichtspunkte. Dagegen muss sich der versierte Geschädigtenanwalt durch genaues Erfassen der "fixen Kosten" zur Wehr setzen.

 

Rz. 113

Es ist aber zu berücksichtigen, dass sich fixe Kosten durch den Wegfall des Getöteten sowohl verringern (z.B. reduzierter ...

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