Rz. 306

Dass eine über den Tod des Vollmachtgebers hinaus wirkende Vollmacht auch als Generalvollmacht – in der Praxis sehr häufig als Vorsorgevollmacht – erteilt werden kann, ist allgemein anerkannt.[271] Rechtsfolge der Vollmacht über den Tod hinaus ist, dass der Bevollmächtigte nach dem Tod des Vollmachtgebers dessen Erben in Bezug auf den Nachlass vertritt.[272] Da der Bevollmächtigte seine Befugnis vom Erblasser herleitet, kann er alle Rechtsgeschäfte so vornehmen, wie dieser es hätte tun können.[273] Der Bevollmächtigte kann Umschreibungen von Nachlassgrundstücken im Grundbuch veranlassen, ohne den Erben namhaft zu machen.[274]

 

Rz. 307

Seit dem Beschluss des Reichsgerichts vom 28.6.1916[275] ist es unstreitig, dass der über den Tod des Vollmachtgebers hinaus von diesem Bevollmächtigte im Grundbuchverkehr keinen Erbnachweis vorzulegen braucht, solange die Vollmacht noch besteht und sofern die Erben nicht im Grundbuch einzutragen sind.[276] Dies gilt auch dann, wenn Testamentsvollstreckung angeordnet ist.[277]

 

Rz. 308

An die Stelle des ursprünglichen Vollmachtgebers, des Erblassers, sind nunmehr ihre Erben als Vollmachtgeber getreten. Diese materiellrechtliche Rechtsfolge braucht dem Grundbuchamt aber nicht in der Form eines Erbscheins bzw. eines Europäischen Nachlasszeugnisses oder eines diesem gleichgestellten Erbnachweises (§ 35 GBO), aus dem die Personen der Erben ersichtlich wären, nachgewiesen zu werden. Die Erben brauchen nicht einmal genannt zu werden. Vielmehr ergibt sich diese Rechtsfolge daraus, dass die Vollmacht über den Tod hinaus erteilt wurde, was zweifelsfrei materiellrechtlich möglich ist.

 

Rz. 309

Soll das Eigentum an einem Nachlassgrundstück gemäß der erklärten Auflassung (§ 925 BGB), der Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) und dem gestellten Eintragungsantrag (§ 13 GBO) sofort ohne vorherige Berichtigung des Grundbuchs durch (Vor-)Eintragung der Erben auf einen Erwerber eingetragen werden, so ist die Voreintragung der Erben (§ 39 GBO) als Rechtsnachfolger (§ 1922 BGB) aufgrund der Ausnahmeregelung des § 40 Abs. 1 GBO (Übertragung eines Rechts) nicht erforderlich.[278]

Auch bei einer postmortalen Vollmacht brauchen die Erben bei der Erklärung der Auflassung nicht mitzuwirken.[279]

[271] Staudinger/Schilken, § 168 BGB Rn 28; Michalski, WuM 1997, 658; Bork, JZ 1988, 1059; Trapp, ZEV 1995, 314; Seif, AcP 200, 192; Joachim/Lange, ZEV 2019, 62; Merkel, WM 1987, 1001; Werkmüller, ZEV 2000, 305; Madaus, ZEV 2004, 448; Reimann, ErbR 2017, 186; Wendt, ErbR 2020, 99; Werner, ZErb 2019, 137.
[272] BGHZ 87, 20, 25; BGH FamRZ 1983, 477; OLG Hamburg DNotZ 1967, 31.
[273] OLG Hamburg DNotZ 1967, 31.
[274] OLG Hamburg DNotZ 1967, 31.
[275] RGZ 88, 345.
[276] RG in RGZ 88, 345, 349: "Ist nun aber die Eintragung der Erben als Zwischeninhaber … bei deren Umschreibung nicht erforderlich, so ist auch kein Grund abzusehen, warum dem Grundbuchrichter der Erbennachweis geführt werden soll." Vgl. auch Michalski, WuM 1997, 658 m.w.N.
[277] OLG München, Beschl. v. 15.11.2011 – 34 Wx 388/11, DNotZ 2012, 303 = FamRZ 2012, 1004 = ZErb 2012, 18 = ZEV 2012, 376.
[278] Vgl. auch LG Stuttgart, Beschl. v. 20.7.2007 – 1 T 37/07, BWNotZ 2007, 119.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge