Rz. 56

Die Vorlage eines Erbscheins bzw. eines ENZ ist aber nicht in allen Fällen erforderlich. Beruht nämlich die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die öffentlich beurkundet wurde, und enthält diese die Erbeinsetzung, so reicht statt der Vorlage eines Erbscheins bzw. eines ENZ die Vorlage einer beglaubigten Abschrift der betreffenden Verfügung von Todes wegen zusammen mit einer beglaubigten Abschrift der Niederschrift über die Eröffnung der betreffenden Verfügung durch das Nachlassgericht, § 35 Abs. 1 S. 2 GBO.

 

Rz. 57

 

Hinweis

Hier genügen jeweils beglaubigte Abschriften und nicht etwa Ausfertigungen. Dies hat damit zu tun, dass die beglaubigten Abschriften der Verfügung von Todes wegen und der Eröffnungsniederschrift keine Gutglaubenswirkung entsprechend § 2365 BGB haben.

 

Rz. 58

Ein Eröffnungsvermerk mit Stempelaufdruck auf dem Testament ersetzt die Abschrift der Eröffnungsniederschrift nicht. Auch hier kann auf die Verfügung von Todes wegen und die entsprechende Eröffnungsniederschrift in den Nachlassakten verwiesen werden, wenn Grundbuchamt und Nachlassgericht dem gleichen Gericht angehören.

Nur aus einem eröffneten Testament bzw. Erbvertrag können erbrechtliche Rechtspositionen hergeleitet werden, denn nur wenn der Erblasser gestorben ist, sind solche Rechte entstanden.

 

Rz. 59

Sehr häufig werden in der Praxis Verfügungen von Todes wegen ohne Anwesenheit der Beteiligten eröffnet. Auch eine solche Niederschrift reicht aus i.S.d. § 35 Abs. 1 S. 2 GBO, weil das Grundbuchamt den Nachweis der Annahme oder Nichtausschlagung der Erbschaft nicht verlangen kann. Allerdings dürfte in aller Regel in der Stellung des Grundbuchberichtigungsantrags durch den Erben die zumindest konkludente Annahme der Erbschaft gesehen werden.

 

Rz. 60

Vom deutschen Notar beurkundetes Testament eines Ausländers:

Das Grundbuchamt darf bei Vorliegen eines durch einen deutschen Notar verfassten öffentlichen Testaments eines Ausländers keinen Erbschein verlangen, wenn die Testamentsauslegung eindeutig ergibt, dass der/die Erblasser die Anwendbarkeit deutschen Erbrechts (konkludent) gewählt haben und die möglicherweise in Betracht kommende Anwendung einer ausländischen Rechtsordnung auf das deutsche Erbrecht verweist.[54]

[54] LG München I ZEV 2007, 434 = FamRZ 2007, 1198 = NJW 2007, 3445 = Rpfleger 2007, 316 = RNotZ 2008, 31.

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