Rz. 258

Nach § 6 ARB 2010 besteht Rechtsschutzdeckung, soweit die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in Europa, den Anliegerstaaten des Mittelmeeres, auf den Kanarischen Inseln oder auf Madeira erfolgt.[151]

Abweichend von der früheren Sachlage bei einem Auslandsschadenfall hat nicht mehr nur die Interessenwahrnehmung in Ermangelung inländischer Verfahrensmöglichkeiten zwingend im Ausland zu erfolgen. Die Schaffung eines rechtsstaatlich anerkannten Verfahrens vor dem inländischen Regulierungsbeauftragten der ausländischen Versicherung ermöglicht die Interessenwahrnehmung für den Versicherungsnehmer im Inland und wird so zum Standardfall. Der Auslandsfall wird quasi zum "normalen" Inlandsfall. Es ist davon auszugehen, dass die Einschaltung eines außergerichtlich tätigen ausländischen Rechtsanwaltes aufgrund der 4. KH-Richtlinie zum Ausnahmefall wird. Nach bisheriger Erfahrung lassen sich 90 % und mehr der Fälle außergerichtlich regulieren und wenden sich die Geschädigten zunächst an den Regulierungsbeauftragten, ersatzweise oder anschließend an die Entschädigungsstelle.

 

Rz. 259

Auch nach Inkrafttreten der 4. KH-Richtlinie bleibt die Möglichkeit, den Schädiger oder dessen KH-Versicherung unmittelbar im Ausland in Anspruch zu nehmen. Dies dürfte jedoch aufgrund der Möglichkeit zur Inanspruchnahme im Inland kaum noch vorkommen oder jedenfalls der Ausnahmefall bleiben.

 

Rz. 260

Problematisch können jedoch die Fälle werden, in denen nach Scheitern der außergerichtlichen Bemühungen – einschließlich der Interessenwahrnehmung vor der Entschädigungsstelle – doch noch eine Klage im Ausland gegen den Schädiger oder die ausländische Versicherung notwendig wird. In diesen Fällen wird es erforderlich, einen zweiten Rechtsanwalt, und zwar den im Ausland, einzuschalten. Dies könnte bedeuten, dass in derselben Sache ein zweiter Rechtsanwalt eingesetzt werden würde, dessen Kosten dann nicht mehr gedeckt wären.

 

Rz. 261

Hier stellt sich die Frage, ob diese Fallgestaltung der Kostenbeschränkung für die Kosten nur eines Anwaltes unterfällt. Dieser Sachverhalt ist jedoch so zu beurteilen, dass aufgrund der bei der 4. KH-Richtlinie gegebenen Rechtslage die nach gescheiterter außergerichtlicher Regulierung im Inland notwendige Beauftragung eines ausländischen Anwaltes als ein einheitliches, insgesamt auf Schadenersatz gerichtetes Verfahren zu werten ist. Dies ist als ein Fall notwendigen Anwaltswechsels zu beurteilen. Hier kommen daher die Grundsätze zum Tragen, dass die Rechtsschutzversicherung bei notwendigem Anwaltswechsel auch die Kosten des zweiten Rechtsanwalts zu übernehmen hat. Somit umfasst die Rechtsschutzdeckung die Eintrittspflicht für:

das Verfahren vor dem Regulierungsbeauftragten,
der Entschädigungsstelle und
erforderlichenfalls nach Scheitern der inländischen Regulierung für das im Ausland durchzuführende Prozessverfahren.
 

Rz. 262

Für die nach ARB 2010 notwendige rechtliche Interessenwahrnehmung im Auslandsschadenfall ist zunächst beachtlich, dass nicht darauf abzustellen ist, wo diese erfolgt oder erfolgen kann, sondern dass bei Eintritt des Schadenereignisses im Ausland die Regelung über den Auslandsschaden Anwendung findet.

 

Rz. 263

Hierbei stellt sich die Frage, ob die bei nicht erfolgreicher Regulierung des Auslandsschadens durch den Schadenregulierungsbeauftragten erforderliche Einschaltung des ausländischen Rechtsanwaltes im Prozessfall dazu führt, dass die Gebühren des inländischen Rechtsanwaltes zusätzlich als Verkehrsanwalt zu übernehmen sind. Dies ist zu bejahen.

[151] Van Bühren/Schneider, § 13 Rn 388 ff.

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