Rz. 9

Der Wahlverteidiger und der Pflichtverteidiger erhalten im Grunde dieselben Gebühren, nur dass die jeweilige Gebühr für den Pflichtverteidiger niedriger ausfällt als für den Wahlverteidiger. Außerdem sind die Gebühren für den Wahlverteidiger Betragsrahmengebühren, wogegen der Pflichtverteidiger nur Festgebühren erhält. Der Umgang mit diesen beiden Arten von Gebühren ist praktisch ganz einfach: Im Vergütungsverzeichnis finden Sie ab der Nr. 4100 VV RVG eine linke und eine rechte Gebührenspalte. In der linken Spalte stehen die Gebührenrahmen für den Wahlverteidiger und in der rechten Spalte die Festgebühren für den Pflichtverteidiger.

Deshalb werden nachfolgend zunächst die einzelnen Gebühren vorgestellt, ohne dass weiter auf den Unterschied zwischen Wahlverteidiger und Pflichtverteidiger eingegangen werden muss. Besonderheiten zur Gebührenberechnung des Pflichtverteidigers finden Sie später in Rdn 58 ff.

Es ist zu unterscheiden zwischen der Vollverteidigung, bei der der RA mit der Verteidigung im Ganzen betraut worden ist, und der partiellen (= teilweisen) Verteidigung, bei der der RA nur mit einzelnen Tätigkeiten innerhalb des Strafverfahrens beauftragt worden ist. Die Gebühren des mit der Verteidigung im Ganzen betrauten RA sind geregelt in Teil 4, Unterabschnitt 3 VV RVG, und zwar für die erste Instanz in den Nrn. 4106 bis 4123, für das Berufungsverfahren in den Nrn. 4124 bis 4129 und für das Revisionsverfahren in den Nrn. 4130 bis 4135. Die dem RA nach diesen Vorschriften zustehenden Gebühren gelten als Pauschgebühren seine gesamte Tätigkeit als Verteidiger ab (§ 15 Abs. 1 und 2 RVG). Für nur einzelne Tätigkeiten des RA im Strafverfahren gelten die Nrn. 4300 bis 4304 VV RVG.

Da die Gebühren des Verteidigers nach Vorbemerkung 4.1 Abs. 2 VV RVG (wie § 15 Abs. 1 RVG) als Pauschgebühren vorgesehen sind, erhält der RA nicht für seine innerhalb eines Rechtszuges ausgeübten Einzeltätigkeiten jeweils eine Einzelgebühr, sondern nur eine Gesamtvergütung zuzüglich Auslagen (Nrn. 7000 ff. VV RVG). Der Verteidiger erhält gemäß Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG für das Betreiben des Geschäfts, also z. B. die Vorbereitung der Hauptverhandlung, eine Verfahrensgebühr. Mit dieser Gebühr werden alle Tätigkeiten des RA abgegolten, sofern nicht für bestimmte Tätigkeiten besondere Gebühren vorgesehen sind. Insgesamt kann der Verteidiger, je nach Ablauf des Verfahrens, folgende Gebühren erhalten:

 

Rz. 10

Für seine Tätigkeit im strafrechtlichen Vorverfahren erhält der RA für das Betreiben des Geschäfts die Verfahrensgebühr im Vorverfahren nach den Nrn. 4104 bzw. 4105 VV RVG. Diese Vorverfahrensgebühr erhält er zusätzlich zu den Gebühren für das gerichtliche Verfahren in der ersten Instanz (Nrn. 4106 bis 4123 VV RVG), da das Vorverfahren nach § 17 Nr. 10 Lit. a) RVG eine eigene Angelegenheit ist. Es ist also wichtig, das Vorverfahren von dem anschließenden Hauptverfahren richtig abzugrenzen.
Für die erstmalige Einarbeitung in den Rechtsfall und nur einmal erhält der RA neben einer Verfahrensgebühr eine Grundgebühr (Nrn. 4100, 5100 VV RVG), und zwar unabhängig davon, in welchem Verfahrensabschnitt die Einarbeitung erfolgt und vor welchem Gericht das Verfahren stattfindet.
Für die Teilnahme an bestimmten Vernehmungen oder Verhandlungen außerhalb der Hauptverhandlung erhält der RA eine besondere Terminsgebühr nach Nrn. 4102 bzw. 4103 VV RVG.
Im Hauptverfahren erwächst dem Verteidiger in jedem Rechtszug eine einmalige Verfahrensgebühr für das Betreiben des Geschäfts (Vorbemerkung 4 Abs. 2 VV RVG).
Für die Teilnahme an der Hauptverhandlung erwächst dem Verteidiger eine Terminsgebühr. Wenn sich die Hauptverhandlung über einen Kalendertag hinaus erstreckt (24 Uhr), erhält der Strafverteidiger für jeden weiteren Verhandlungstag wieder eine erneute Terminsgebühr, da die Terminsgebühr "je Hauptverhandlungstag" erhoben wird (siehe z. B. Nr. 4108 VV RVG und Rdn 34 f.).
Unter den Voraussetzungen der Nrn. 4142, 4143 bzw. 4144 VV RVG können dem Verteidiger für Tätigkeiten, die sich z. B. auf die Einziehung von Tatwerkzeugen (z. B. §§ 74 bis 76 a StGB) oder auf die Abwehr vermögensrechtlicher Ansprüche (§ 405 StPO) beziehen, weitere Gebühren erwachsen.
Im Privatklageverfahren kann neben den Pauschgebühren der Nrn. 4100 ff. VV RVG noch eine besondere Einigungsgebühr gemäß Nr. 4147 VV RVG entstehen.
Für die Erinnerung oder Beschwerde gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss gemäß § 464b StPO oder die Zwangsvollstreckung daraus erhält der Verteidiger gemäß Vorbemerkung 4 Abs. 5 VV RVG entsprechende zusätzliche Gebühren nach dem Teil 3 VV RVG (siehe Rdn 86).
 

Rz. 11

Der Verteidiger kann dagegen neben den Gebühren der Nrn. 4100 ff. VV RVG niemals noch zusätzlich die Gebühren der Nrn. 4300 ff. VV RVG für Einzeltätigkeiten erhalten. Auch eine Beratungsgebühr erhält er nicht zusätzlich; sie erwächst ihm auch dann nicht besonders, wenn er erst nach Erteilung eines Rates die Verteidigung übernommen hat, da dann die Beratungsgebühr auf die Pauschg...

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