Rz. 115

Genauso wie in Strafsachen ist auch in Bußgeldsachen vorgesehen, dass ein RA durch diesbezügliche Mitwirkung in den Fällen, in denen sich das Verfahren schon vor der Verwaltungsbehörde erledigt oder die Hauptverhandlung entbehrlich wird, eine Zusatzgebühr (Zusatz-Verfahrensgebühr, Erledigungsgebühr, Befriedungsgebühr) erhält. Die Zusatzgebühr nach Nr. 5115 VV RVG entsteht nach Absatz 1, wenn

1. das Verfahren nicht nur vorläufig eingestellt wird oder
2. der Einspruch gegen den Bußgeldbescheid zurückgenommen wird oder
3. der Bußgeldbescheid nach Einspruch von der Verwaltungsbehörde zurückgenommen wird und gegen einen neuen Bußgeldbescheid kein Einspruch eingelegt wird oder
4. sich das gerichtliche Verfahren durch Rücknahme des Einspruchs oder der Rechtsbeschwerde früher als zwei Wochen vor dem Termin der Hauptverhandlung erledigt oder
5. das Gericht nach § 72 Abs. 1 S. 1 OWiG ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheidet (hierzu siehe oben Rdn 113).

In allen fünf Fällen muss der RA etwas dazu beigetragen haben, dass die Hauptverhandlung vermieden werden kann, um die Zusatzgebühr zu verdienen (Nr. 5115 Anm. Abs. 2 VV RVG). Die Höhe der Zusatzgebühr richtet sich nach der Rahmenmitte der Verfahrensgebühr des Rechtszuges, in dem die Hauptverhandlung vermieden wurde (Anm. Abs. 3). Im Übrigen wird auf die ähnliche Gebührenvorschrift in Strafsachen verwiesen, siehe Nr. 4141 VV RVG und oben Rdn 49 ff.

 

Beispiel:

Gegen den Reiner Raser wurde wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung ein Bußgeldbescheid erlassen, in dem Herrn Raser ein Bußgeld von 160,00 EUR und ein Fahrverbot von einem Monat auferlegt wurde. Mit dem Bußgeldbescheid erscheint er bei RA Schleunig, der zunächst fristgerecht Einspruch einlegt und dann nach Akteneinsicht umfassend Stellung nimmt. Nach dem Vortrag von RA Schleunig ist Raser erst 200 m hinter der Ortsgrenze zu schnell gefahren. Aus der mit der Post versandten Ermittlungsakte hat RA Schleunig 5 Kopien gefertigt.

Die Verwaltungsbehörde nimmt den Bußgeldbescheid zurück und erlässt einen neuen Bußgeldbescheid, in dem ein Bußgeld von nur 95,00 EUR festgesetzt wird. RA Schleunig berät Herrn Raser dahingehend, dass er mit den 95,00 EUR und ohne Fahrverbot gut weggekommen ist und daher auf einen weiteren Einspruch verzichten sollte. Herr Raser zahlt die 95,00 EUR.

Berechnung der Vergütung (Bußgeldsache vor der Verwaltungsbehörde):

 
  Grundgebühr gem. §§ 2 Abs. 2, 14 RVG, Nr. 5100 VV RVG 110,00 EUR
 

Vorverfahrensgebühr bei einer Geldbuße von 60,00 EUR bis 5.000,00 EUR

gem. §§ 2 Abs. 2, 14 RVG, Nr. 5103 VV RVG
176,00 EUR
 

Zusatz-Verfahrensgebühr (Erledigungsgebühr)

gem. §§ 2 Abs. 2 RVG, Nr. 5115 Anm. Abs. 1 Ziff. 3, Abs. 3 S. 2

i. V. m. Nr. 5109 VV RVG*
176,00 EUR
20 %

Pauschale für Post- und Telekommunikationsentgelte

gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7002 VV RVG
20,00 EUR
 

Dokumentenpauschale gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7000

Ziff. 1 Lit. a) VV RVG (5 Kopien)
2,50 EUR
 

Auslagen für die Aktenversendungspauschale

(Nr. 9003 Ziff. 1 KV GKG)
12,00 EUR
    496,50 EUR
19 % USt. gem. § 2 Abs. 2 S. 1 RVG, Nr. 7008 VV RVG 94,34 EUR
    590,84 EUR
* Erspart wurde die Gebühr für Hauptverhandlung nach Nr. 5109 VV RVG (siehe auch Rdn 49 ff.).
 

Merke zum Bußgeldverfahren:

Wenn der RA erkennbar dazu beiträgt, dass das Verfahren endgültig eingestellt bzw. die Hauptverhandlung entbehrlich wird, dann erhält er eine zusätzliche Erledigungsgebühr.

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