Rz. 237

Ein bereits erteilter Erbschein erwächst weder in formelle noch in materielle Rechtskraft, was unmittelbar aus § 2361 BGB folgt, wonach ein Erbschein einzuziehen bzw. für kraftlos zu erklären ist, wenn sich ergibt, dass er unrichtig ist. Daran hat auch das am 1.9.2009 in Kraft getretene FamFG[226] nichts geändert. Sollte in einem seit 29.5.2009 oder unter Berücksichtigung der konventionsfreundlichen Auslegung davor eingetretenen Erbfall das gesetzliche Erbrecht eines nichtehelichen Kindes im Erbschein nicht berücksichtigt worden sein, so kann der sich nunmehr als unrichtig erweisende Erbschein eingezogen bzw. für kraftlos erklärt werden. Allerdings ist das Erbscheinseinziehungsverfahren bzw. die Kraftloserklärung vom Nachlassgericht nicht von Amts wegen (wie grundsätzlich in § 2361 BGB vorgesehen), sondern nur auf Antrag durchzuführen, Art. 12 § 24 Abs. 1 NEhelG in der Fassung des Zweiten ErbRGleichG. Es erscheint sachgerecht, in diesen Fällen ein Antragserfordernis vorzusehen. Die Nachlassgerichte wären andernfalls verpflichtet gewesen, von Amts wegen nach entsprechenden bereits abgeschlossenen Verfahren zu "fahnden", was auch unter Amtshaftungsgesichtspunkten nicht unproblematisch gewesen wäre. Den Betroffenen ist zuzumuten, sich selbst um ihr Erbrecht zu kümmern.

 

Rz. 238

Allerdings gilt dies nur für die bis 15.4.2011, dem Tag der Verkündung des Reformgesetzes, in den genannten Fällen erteilten Erbscheine. Danach erteilte unrichtige Erbscheine sind nach der allgemeinen Regel des § 2361 BGB von Amts wegen einzuziehen.[227]

 

Hinweis

Weder für das durch die gesetzliche Neuregelung erforderlich werdende Erbscheinseinziehungsverfahren noch für das Erbscheins-Neuerteilungsverfahren werden Gerichtskosten beim Nachlassgericht erhoben, Art. 12 § 24 Abs. 2 NEhelG in der Fassung des Zweiten ErbRGleichG. Allerdings entstehen Kosten für eine im Neuerteilungsverfahren nach § 352 Abs. 3 FamFG vor einem Notar abzugebende eidesstattliche Versicherung, KV 23300 GNotKG.[228] Deshalb ist zu empfehlen, die eidesstattliche Versicherung nicht vor einem Notar, sondern vor dem Nachlassgericht abzugeben. Denn die Gebührenfreiheit beim Nachlassgericht dürfte sich auch auf diese Gebühr erstrecken.

[226] FGG-ReformG v. 17.12.2008, BGBl I 2008, 2586.
[227] So auch Leipold, FPR 2011, 275 (278).
[228] Art. 1 des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 23.7.2013, BGBl I, 2586 (Gesetz über Kosten der freiwilligen Gerichtsbarkeit für Gerichte und der Notare [Gerichts- und Notarkostengesetz – GNotKG]), in Kraft seit 1.8.2013.

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