a) Die leiblichen Abkömmlinge

 

Rz. 210

Die gesetzlichen Erben erster Ordnung sind die Abkömmlinge des Erblassers, also seine Kinder, Enkel und Urenkel (§ 1924 Abs. 1 BGB). Die erste Erbenordnung umfasst also mehrere Generationen. Aus diesem Grund ist zu klären, welche Generation tatsächlich zum Zuge kommt, wenn mehrere Generationen von Abkömmlingen vorhanden sind. Dieser "Filter", der sozusagen diejenigen Abkömmlinge "herausfiltert", die tatsächlich Erben werden, ist in § 1924 Abs. 2 BGB zu finden mit seinem Grundsatz "Der Nähere schließt den Entfernteren aus". Dieser Grundsatz findet sich im Pflichtteilsrecht, dort in § 2309 BGB, wieder. Das heißt, der Enkel beerbt seinen Großvater nur dann, wenn das Kind des Großvaters, also der Elternteil des Enkels, der die Verwandtschaft zum Großvater begründet hatte, weggefallen ist (§ 1924 Abs. 2 BGB). Dies bedeutet wiederum, dass jedes Kind des Erblassers seinen Stamm vertritt und insoweit seine eigenen Abkömmlinge von der Erbfolge ausschließt (Repräsentationsprinzip). Kinder erben ihrerseits zu gleichen Teilen (§ 1924 Abs. 4 BGB) Die Zahl der Erbenstämme wird damit durch die Zahl der Kinder bestimmt. Solange Erben der ersten Ordnung vorhanden sind, sind alle Verwandten der entfernteren Ordnungen von der Erbfolge ausgeschlossen (§ 1930 BGB).

b) Die Bedeutung der Abstammung

 

Rz. 211

Unter Abstammung im rechtlichen Sinne wird die rechtliche Zuordnung von Eltern und Kind verstanden, die die Verwandtschaft begründet, § 1589 BGB. Bedeutung hat diese rechtliche Beziehung vor allem für das Unterhaltsrecht und das Erbrecht. D.h. für das Erbrecht kommt es nicht auf die natürliche Abstammung an, sondern auf die rechtliche, die nicht immer mit der natürlichen gleichzusetzen ist.

 

Rz. 212

Von entscheidender Bedeutung sind die Abstammungsregelungen für

die elterliche Sorge
die Unterhaltsberechtigung
die Unterhaltspflicht
das Erb- und Pflichtteilsrecht
den Schutz des Art. 6 GG.

c) Nichteheliche Kinder

 

Rz. 213

Für nichteheliche Kinder gilt seit 1.4.1998 neues Recht: Sie haben volles Erbrecht an Vater und Mutter. Mit der Kindschaftsrechtsreform zum 1.7.1998 hat das BGB die sprachliche Unterscheidung zwischen ehelichen und nichtehelichen Kindern aufgegeben. Es kommt jetzt lediglich darauf an, ob die Eltern eines Kindes miteinander verheiratet sind oder nicht.

Das BGB folgt dem römisch-rechtlichen Satz

Zitat

"Mater semper certa, pater semper (!) incertus."

aa) Die Mutterschaft

 

Rz. 214

Das BGB kennt eine Definition der Mutterschaft:

Zitat

"Mutter eines Kindes ist die Frau, die es geboren hat.", § 1591 BGB.

Maßgebend ist der Vorgang der Geburt. Es kommt also nicht auf die genetische Abstammung, bspw. auf die Herkunft der befruchteten Eizelle an. Eine Anfechtung der Mutterschaft ist ausgeschlossen.[191]

Die Befruchtungstechnologie bringt es allerdings mit sich, dass bei einer – in Deutschland nicht zulässigen[192] – Ei- und Embryonenspende die Frau, die das Kind zur Welt bringt, nicht die genetische Mutter ist. Aus Gründen der im Abstammungsrecht notwendigen Statusklarheit ist auch hier die Gebärende als Mutter anzusehen.

Nach der jetzigen Rechtslage ist eine Korrektur zwischen genetischer und rechtlicher Mutterschaft nicht möglich.

Eine Korrektur kommt lediglich bei Verwechslung der Kinder in der Klinik oder bei einer Kindesunterschiebung in Betracht; dies könnte in einem Kindschaftsverfahren nach § 169 FamFG geklärt werden.

Das deutsche Recht kennt kein Mutterschaftsanerkenntnis, wohl aber manche ausländische Rechtsordnungen.

[191] So mit allen rechtlichen Konsequenzen das römische Recht bei Cod. Just. 11, 48, 21 § 1 g.A. (Justinian): "Filius naturalis ventrem sequitur": Das nichteheliche Kind folgt dem Bauch; es erhält die Rechtsstellung der Mutter und nicht die des Vaters.

bb) Die Vaterschaft

(1) Keine Unterscheidung zwischen ehelicher und nichtehelicher Vaterschaft

 

Rz. 215

Seit 1.7.1998 wird nicht mehr unterschieden zwischen ehelicher Vaterschaft und nichtehelicher Vaterschaft.

In §§ 1592, 1593 BGB ist jetzt einheitlich geregelt, unter welchen Voraussetzungen ein Mann als Vater eines Kindes angesehen wird.

Die Regeln zur Vaterschaftsfeststellung sind zweigeteilt und unterscheiden danach, ob dieser im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter des Kindes verheiratet ist – dann gelten §§ 1592 Nr. 1, 1593 BGB. Besteht keine Ehe mit der Mutter, gelten §§ 1592 Nr. 2 und 3; 1594–1598, 1600d, 1600e BGB.

Das Gesetz verwendet eine neue Terminologie: Der Begriff Ehelichkeitsanfechtung ist beseitigt, jetzt wird einheitlich die Bezeichnung "Vaterschaftsanfechtung" verwandt.[193]

[193] Zu den Voraussetzungen, unter denen die Anfechtung der Vaterschaft dem Wohl des vertretenen Kindes entspricht, vgl. OLG Schleswig FamRZ 2003, 51; Brandenburgisches OLG FamRZ 2004, 480.

(2) Definition der Vaterschaft

 

Rz. 216

Vater eines Kindes ist der Mann, der entweder

im Zeitpunkt der Geburt mit der Mutter verheiratet ist
die Vaterschaft anerkannt hat oder
dessen Vaterschaft nach § 1600d BGB gerichtlich festgestellt ist.

Das Gesetz folgt einer Vermutung, dass bei einer bestehenden Ehe eine große Wahrscheinlichkeit für die Vaterschaft des Ehemannes spricht.

Das bedeutet aber auch: Ein Kind, das nach der Scheidung der Eltern...

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