Rz. 20

Die §§ 166 ff. ZPO regeln zunächst nicht selbst, welche Schriftstücke in welcher Form zuzustellen sind. Dies muss sich aus den speziellen gesetzlichen oder vertraglichen Regelungen ergeben, etwa aus § 253 ZPO für die Klageschrift.

 

Rz. 21

Ebenfalls enthalten die §§ 166 ff. ZPO keine Bestimmungen darüber, in welcher Form die Schriftstücke zuzustellen sind, d.h. ob das Original, eine Ausfertigung oder eine (beglaubigte) Abschrift zuzustellen ist. Auch hier ist auf die jeweiligen gesetzlichen und vertraglichen Regelungen abzustellen. Im finanzgerichtlichen Verfahren ersetzt eine Ausfertigung der gerichtlichen Entscheidung insoweit die Urschrift.[11]

 

Hinweis

Weicht die zugestellte Ausfertigung von dem bei den Akten befindlichen Original ab, ist die vorgenommene Zustellung unwirksam. Es bedarf keiner Beschlussberichtigung; vielmehr kann der Beschluss im richtigen Wortlaut nochmals zugestellt werden.[12]

 

Rz. 22

Mangels anderer Bestimmungen ist es jeweils ausreichend, wenn eine Abschrift oder eine Ausfertigung des oder der Schriftstücke zugestellt wird. Insbesondere im gerichtlichen Verkehr genügt regelmäßig eine Abschrift bzw. Ausfertigung.

 

Rz. 23

 

Hinweis

Beachtet werden muss aber, dass es bei einstweiligen Verfügungen zur Wahrung der Vollziehungsfrist nicht ausreicht, wenn lediglich eine beglaubigte Abschrift zugestellt wird.[13]

 

Rz. 24

Umstritten ist allerdings, ob die Abschriften auch – für den Rechtsanwalt regelmäßig aufwendig – zu beglaubigen sind. § 170 ZPO a.F. hatte ausdrücklich angeordnet, dass Abschriften nur beglaubigt zugestellt werden konnten. In der Vorauflage wurde folgende Ansicht vertreten: Mit dem Willen des Gesetzgebers[14] sei davon auszugehen, dass die allgemeinen Vorschriften nunmehr keine Zustellung von beglaubigten Abschriften mehr verlangten. Nachdem der Gesetzgeber in der Begründung zu § 166 ZPO ausgeführt habe dass er keine Regelung über die Form treffen wollte, sondern dies den besonderen materiell-rechtlichen und prozessrechtlichen Bestimmungen vorbehalten bleiben sollte, könne anderes auch nicht aus § 169 Abs. 2 und § 192 Abs. 2 S. 2 ZPO hergeleitet werden.[15] Die §§ 169, 192 ZPO regelten also zukünftig nur die Zuständigkeit für die Beglaubigung, wenn sich ein entsprechendes Erfordernis für eine Beglaubigung aus dem materiellen Recht oder aus den besonderen Vorschriften der gewählten Verfahrensart ergebe. In diesem Fall werde die Beglaubigung nach § 169 Abs. 2 ZPO von der Geschäftsstelle vorgenommen, soweit von einem Anwalt eingereichte Schriftstücke nicht bereits von diesem beglaubigt worden seien. Nach § 192 Abs. 2 ZPO könne auch der Gerichtsvollzieher zuzustellende Schriftstücke beglaubigen.

 

Rz. 25

Dies stelle für den Anwalt eine erhebliche Arbeitsentlastung dar, weil insbesondere § 253 ZPO für die Klageschrift und deren Anlagen nur von der Beifügung von Abschriften spreche und selbst keine Beglaubigung verlange. Gleiches gelte nach § 133 ZPO bezüglich der Vorlage der notwendigen Abschriften von Schriftsätzen nebst Anlagen. Auch hier werde eine Beglaubigung nach dem Wortlaut nicht verlangt.

Ungeachtet gesonderter Vorschriften sei eine Beglaubigung nur dort erforderlich, wo ein Bestreiten der Übereinstimmung des zugestellten Schriftstücks mit dem Original zu erwarten ist. Dort, wo üblicherweise die Übereinstimmung von Anlagen eines Schriftsatzes mit dem Original nicht bestritten werde, etwa in Verkehrsunfallsachen oder bei der Vorlage von AGB, bedürfe es dieser Sicherungsmaßnahme nicht.

 

Rz. 26

Aufgrund der vorstehenden Ausführungen könne die bisherige Rechtsprechung des BGH, nach der eine fehlende Beglaubigung der zuzustellenden Schriftstücke zur Unwirksamkeit der Zustellung führe,[16] nicht auf das neue Zustellungsrecht übertragen werden.[17] Eine Übertragung sei nur dort möglich, wo sich aus prozessrechtlichen oder materiellrechtlichen Gründen das Erfordernis der Beglaubigung ergebe.

 

Rz. 27

 

Hinweis

Liegt dem Gerichtsvollzieher das zuzustellende Schriftstück nur als Faxausdruck vor, stellt er diesen zu und verbindet die Zustellungsurkunde mit dem später nachgereichten Original des zuzustellenden Schriftstücks, so liegt eine wirksame Zustellung vor.[18]

 

Rz. 28

Diesen Ausführungen und den Vertretern dieser Ansicht dürfte jedoch angesichts des Urteils des BGH vom 22.12.2015[19] die Grundlage entzogen sein, Der BGH führt in dem Urteil aus, dass, soweit keine gesetzliche Regelung getroffen sei, zumindest eine beglaubigte Abschrift zuzustellen sei.

 

Rz. 29

 

Checkliste von Fällen der notwendigen Beglaubigung

§ 2261 BGB – Testament bei Eröffnung durch ein anderes Gericht als das zuständige Nachlassgericht,
Personenstandsurkunden, §§ 54 Abs. 3, 56 PStG,[20]
§ 435 ZPO – Vorlegung öffentlicher Urkunden.
[12] OLGR Nürnberg 2004, 38 = FamRZ 2004, 470.
[13] Vgl. als Beispiel LG Hamburg GRUR-RR 2009, 65.
[14] BT-Drucks 14/4554, 15, 16; wie hier auch Hannich/Meyer-Seitz/Häublein, § 166 Rn 5.
[15] So aber MüKo-ZPO/Häublein, Vorauflage,§ 169 Rn 3.
[16] BGHZ 24, 166 = N...

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