Rz. 83

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG hat der Betriebsrat bei der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen mitzubestimmen, mit denen das Verhalten und die Leistungen der Arbeitnehmer überwacht werden können.

In einer neueren Entscheidung hat das BAG entschieden, dass dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG bei einer vom Arbeitgeber betriebenen Facebookseite zusteht, wenn über die Funktion "Besucher-Beiträge" Postings zum Verhalten und zur Leistung der beschäftigten Arbeitnehmer eingestellt werden können.[126] Ähnlich entschied das LAG Hamburg zum Thema Twitter-Account: Aufgrund der Möglichkeit, auf Beiträge zu antworten, erkannte es ein Mitbestimmungsrecht des (Gesamt-)Betriebsrats aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG.[127]

Das BAG hat sich damit ausdrücklich von seiner bisherigen Rechtsprechung abgewandt.[128] Es ist nicht erforderlich, dass die IT-Applikation selbst Daten erhebt oder verarbeitet.[129] Es reicht aus, wenn die Daten dauerhaft gespeichert werden und vom Arbeitgeber eingesehen werden können.[130] Facebook selbst zeichnet nichts auf, sondern gibt nur das wieder, was von den Nutzern eingegeben worden ist.[131] Damit tatsächlich eine Überwachung erfolgt, muss der Arbeitgeber die einzelnen Beiträge durchgehen.[132] Ein negatives Posting begründet darüber hinaus lediglich einen Verdacht, sodass viel dafür spricht, Facebook als manuelles Hilfsmittel zur Leistungskontrolle anzusehen.[133]

 

Rz. 84

Auch bei der Festlegung von Modalitäten zur privaten Nutzung von Social Media am Arbeitsplatz hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zu beteiligen, da es sich um sog. Ordnungsverhalten nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG handelt.[134] Bei einem Totalverbot besteht dagegen kein Mitbestimmungsrecht. Möchte der Arbeitgeber die Mitarbeiter anweisen, einen Firmenaccount zu erstellen und zu pflegen, betrifft dies dagegen die Arbeitspflicht und ein Mitbestimmungsrecht aus § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG scheidet aus, es kommt aber nach den vorstehenden Grundsätzen aus § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG in Betracht. Ebenso entzieht sich die außerdienstliche Nutzung sozialer Netzwerke der Regelungsbefugnis des Betriebsrats, weil diese die private Lebensführung des Arbeitnehmers betrifft[135] (zu den näheren Einzelheiten der Mitbestimmungsrechte des Betriebsrates siehe § 2 Rdn 3 ff.).

[126] BAG 13.12.2016 – 1 ABR 7/15, NZA 2017, 657; Wisskirchen/Schiller/Schwindling, BB 2017, 2105.
[128] Wisskirchen/Schiller/Schwindling, BB 2017, 2105, 2106.; Bieder, NZA 2016, 225, 230.
[131] Wisskirchen/Schiller/Schwindling, BB 2017, 2105, 2106; Ludwig/Ramcke, BB 2016, 2293, 2294.
[132] Wisskirchen/Schiller/Schwindling, BB 2017, 2105, 2106 f.; Ludwig/Ramcke, BB 2016, 2293, 2294.
[133] Wisskirchen/Schiller/Schwindling, BB 2017, 2105, 2107.
[134] LAG Nürnberg 29.1.1987 – 5 TaBV 4/86, NZA 1987, 572; ErfK/Kania, § 87 BetrVG Rn 19 m.w.N.; Oberwetter, NJW 2010, 417, 421.
[135] Lützeler/Bissels, ArbRAktuell 2011, 322670.

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