Rz. 7

Die Nachlassverwaltung muss auf Antrag durch das Nachlassgericht angeordnet werden (§ 1981 BGB), wenn eine den Kosten des Verfahrens entsprechenden Masse vorhanden ist oder ein entsprechender Kostenvorschuss gezahlt wird (§ 1982 BGB).

I. Antrag, § 1981 BGB

1. Antragsberechtigung

 

Rz. 8

Antragsberechtigt sind:

der Alleinerbe, § 1981 Abs. 1 BGB
Miterben nur gemeinschaftlich und vor der Teilung, § 2062 BGB
Nacherbe/n, § 2144 BGB
Erbeserbe als Rechtsnachfolger eines Allein-/Miterben[7]
Testamentsvollstrecker mit Verwaltungsrecht, § 317 InsO analog[8]
Ehegatten/Lebenspartner, wenn Nachlass zum Gesamtgut der Gütergemeinschaft, § 318 InsO analog[9]
Erbschaftskäufer, § 2383 BGB
Nachlassgläubiger, § 1981 Abs. 2 BGB.[10]
 

Rz. 9

Nicht antragsberechtigt ist nach h.M. der Nachlasspfleger, da er weder für die Gläubigerbefriedigung noch für die Haftungsbeschränkung zu sorgen hat.[11] Auch der Insolvenzverwalter des übergeleiteten Nachlassinsolvenzverfahrens ist nicht berechtigt, einen Antrag auf Nachlassverwaltung hinsichtlich des zu Lebzeiten des Schuldners insolvenzfreien Vermögens zu stellen.[12]

Aufgrund des Antragsrechts des Gläubigers kann aber der Fall eintreten, dass bei bestehender Nachlasspflegschaft zusätzlich eine Nachlassverwaltung angeordnet wird. Das Vorhandensein eines Nachlasspflegers ist demnach kein Hindernis für die Anordnung der Nachlassverwaltung.[13]

 

Rz. 10

Ist über das (die Erbschaft mitumfassende) Vermögen des Erben das Insolvenzverfahren eröffnet, kann der Erbe weiterhin die Nachlassverwaltung beantragen, nicht aber der Insolvenzverwalter.[14]

[7] OLG Jena v. 10.9.2008 – 9 W 395/08, FGPrax 2008, 253= NJW-RR 2009, 304 = Rpfleger 2009, 235 = ZEV 2009, 33.
[8] MüKo-BGB/Küpper, § 1981 Rn 4; vgl. in dieser Situation zum Antragsrecht des Gläubigers: Storz, ZEV 2010, 549 ff.
[9] MüKo-BGB/Küpper, § 1981 Rn 4.
[10] Auch ein im Aufgebotsverfahren ausgeschlossener (§ 1973), einem ausgeschlossenen gleichstehender (§ 1974) Gläubiger, ein Vermächtnis- oder Auflagengläubiger oder ein Miterbengläubiger bis zur Teilung (§ 2062), der gleichzeitig Gläubiger ist: vgl. Staudinger/Marotzke, § 1981 Rn 17, 18.
[11] Vgl. Staudinger/Marotzke, § 1981 Rn 14.
[12] OLG München v. 28.4.2014 – 31 Wx 5/14, FamRZ 2014, 1735= NZI 2014, 527 mit Anm. Cymutta = ZInsO 2014, 1343 = ZVI 2014, 322.
[13] Vgl. BayObLG v. 28.6.1976 – BReg. 1 Z 27/76, BayObLGZ 1976, 167.
[14] Str. vgl. Staudinger/Marotzke, § 1981 Rn 14 m.w.N.; LG Aachen v. 22.9.1959 – 7 T 453/59, NJW 1960, 46 m. Anm. Buch.

2. Entfall der Antragsberechtigung

 

Rz. 11

Die Antragsberechtigung des Erben entfällt, wenn er für die Nachlassverbindlichkeiten unbeschränkt haftet, vgl. § 2013 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 BGB. Dies ist der Fall

wenn er ein Inventar nicht innerhalb der Inventarfrist errichtet, § 1994 Abs. 1 S. 2 BGB,
wenn er das Inventar mit der Absicht der Gläubigerbenachteiligung unrichtig errichtet, § 2005 Abs. 1 BGB.
 

Rz. 12

Der Verlust der Haftungsbeschränkung kann sich aber auch auf einzelne Gläubiger beschränken. Dann ist zwar ein Antrag auf Nachlassverwaltung des Erben noch möglich. Die Haftungsbeschränkung gilt aber dann nur bezüglich der Gläubiger, bei denen der Verlust der Haftungsbeschränkung nicht eingetreten ist, vgl. § 2013 Abs. 2 BGB. Dies sind z.B. die Fälle des § 2006 Abs. 3 BGB (Verweigerung der Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zum Inventar auf Antrag eines Gläubigers), des Verzichts auf das Haftungsbeschränkungsrecht (arg. § 2012 Abs. 1 BGB) oder der Nichterwirkung des Vorbehalts der beschränkten Erbenhaftung im Urteil (§ 780 Abs. 1 ZPO).

 

Rz. 13

Übersieht das Nachlassgericht, dass der Erbe sein Antragsrecht verloren hat und ordnet die Nachlassverwaltung an, so kann dieser sich auf den Beschluss nicht berufen, um seine Haftung zu beschränken.[15] Wird dem Gericht der Verlust des Antragsrechts nachträglich bekannt, kann es die rechtskräftige Entscheidung nach § 48 Abs. 1 FamFG auf Antrag abändern und die Nachlassverwaltung aufheben, weil sich die zugrunde liegende Sach- und Rechtslage nachträglich wesentlich geändert hat.

[15] Staudinger/Marotzke, § 1981 Rn 6.

3. Antragsfrist

 

Rz. 14

Der Erbe hat keine Antragsfrist zu wahren. Der Erbe kann den Antrag daher noch stellen, nachdem er den Nachlass mit seinem Privatvermögen völlig vermischt oder ihn versilbert hat.[16] Es obliegt insoweit den Nachlassgläubigern, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, die dies verhindern. Sei es, dass sie dem Erben eine Inventarfrist nach § 1994 BGB setzen lassen, sei es dass sie nach Ablauf der Schonungseinrede des § 2014 BGB titulieren und vollstrecken oder aber selbst einen Antrag auf Nachlassverwaltung stellen.

Die Antragsfrist für Nachlassgläubiger ist auch deshalb auf zwei Jahre seit Annahme der Erbschaft beschränkt, § 1981 Abs. 2 S. 2 BGB.[17] Der Antrag ist sogar schon vor der Erbschaftsannahme möglich, wenn der Erbprätendent vor Annahme einen Anordnungsgrund nach § 1981 Abs. 2 S. 1 BGB liefert.

[16] Staudinger/Marotzke, § 1981 Rn 10.
[17] Gleiche zeitliche Befristung auch im Insolvenzverfahren, vgl. § 319 InsO.

4. Anordnungsgrund

a) Erbe

 

Rz. 15

Der Erbe muss den Antrag nicht begründen. Seine...

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