Rz. 2

Grundlage aller Vergütungsansprüche, die wir hier als "vertragliche Ansprüche" bezeichnen, ist ein wirksamer Werkvertrag, also ein Vertrag, der insbesondere dadurch gekennzeichnet ist, dass der Unternehmer dem Besteller die Herstellung eines bestimmten Werkes verspricht (§ 631 BGB). Im Fall des Bauvertrages geht es um die Herstellung einer mit dem Erdboden verbundenen unbeweglichen Sache durch Verwendung von Arbeit und Material.[1]

 

Rz. 3

Der Werkvertrag kommt (wie jeder andere Vertrag auch) durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen zustande, nämlich Angebot und Annahme. Dies ist auch bei öffentlich-rechtlichen Vergabeverfahren nicht anders, bei welchen lediglich der Zuschlag die Annahme darstellt.[2]

 

Rz. 4

Beim Bauvertrag ist zu unterscheiden zwischen dem BGB-Werkvertrag und dem VOB-Vertrag, also einem Werkvertrag, bei welchem die Regelungen der VOB/B gelten sollen. Für Verträge, die ab dem 1.1.2018 geschlossen worden sind, gilt ohne Weiteres das gesetzliche Bauvertragsrecht der §§ 650a-650h BGB, sofern es sich um einen Bauvertrag gem. der Definition in § 650a BGB handelt.

 

Rz. 5

Die Geltung der VOB/B hingegen muss vereinbart werden; einen Brauch oder Gewohnheitsrecht, woraus sich ohne Vereinbarung die Anwendung der VOB/B ergeben sollte, gibt es nicht.[3] Da es sich bei den VOB/B um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, müssen diese wirksam in den Vertrag einbezogen worden sein. Ein bloßer Hinweis auf die Geltung der VOB/B reicht jedenfalls gegenüber privaten Bestellern (Verbrauchern) nicht aus, sodass der Unternehmer, welcher die Geltung der VOB/B erreichen möchte, dies im Regelfall nur erreichen kann, wenn er spätestens bei Abschluss des Vertrages einen vollständigen Text der VOB/B überreicht.[4] Die Übersendung des Textes erst mit der Auftragsbestätigung ist also im Regelfall zu spät, da der Vertrag bereits durch das Angebot des Unternehmers und den Auftrag des Bestellers zustande gekommen ist. Dies gilt auch für den Versuch einer "Vereinbarung" erst in der Auftragsbestätigung gegenüber einem Unternehmer.

 

Rz. 6

Als Allgemeine Geschäftsbedingungen unterliegen die VOB/B grundsätzlich der Inhaltskontrolle nach den §§ 307 ff. BGB. Dies gilt gegenüber einem Verbraucher, der nicht Verwender der VOB/B ist, uneingeschränkt. Sofern kein Verbraucher beteiligt ist, werden die VOB/B durch § 310 Abs. 1 S. 3 BGB insoweit privilegiert, als dass keine Kontrolle der einzelnen Bestimmungen stattfindet, sofern die Geltung ohne inhaltliche Abweichungen vereinbart wird. Da dies nur in den seltensten Fällen vorkommt, hat der Vertragspartner des Verwenders meist die Möglichkeit, die für ihn ungünstigen Regelungen zu überprüfen. Nachdem es inzwischen ein gesetzliches Bauvertragsrecht gibt, hat die Inhaltskontrolle noch einmal größere Bedeutung erlangt, insbesondere im Bereich der Vergütung für geänderte und/oder zusätzliche Leistungen.

[2] H.M., siehe z.B. Beck’scher Vergaberechtskommentar/Horn/Hofmann, § 18 VOB/A Rn 3; Kapellmann/Messerschmidt/Stickler/Mädler, § 18 VOB/A Rn 1.
[3] Vgl. Kapellmann/Messerschmidt/von Rintelen, Einl. VOB/B Rn 47.

a) Vergütung ohne (wirksame) Vereinbarung

 

Rz. 7

Eine Besonderheit des Werkvertrags ist, dass zu seinen essentialia nicht die Vereinbarung über den Preis gehört.[5] Gem. § 632 Abs. 2 BGB gilt bei Fehlen einer Bestimmung über die Höhe der Vergütung die taxmäßige Vergütung (in der Baupraxis fast ausschließlich in Form der HOAI anzutreffen) oder die übliche Vergütung als vereinbart. Sofern sich die Parteien einig sind, dass der Unternehmer für den Besteller ein bestimmtes Werk herstellen soll, ist also ein wirksamer Vertrag geschlossen, auch wenn die Vereinbarung über die Vergütung bewusst weglassen oder irrtümlich vergessen wurde.[6] Dies gilt vor allen Dingen auch dann, wenn sich die Vergütungsvereinbarung als unwirksam herausstellen sollte. "Paradebeispiel" dafür war für Architektenverträge unter der Geltung der HOAI in der bis zum 31.12.2020 geltenden Fassung die Vereinbarung eines Architektenhonorars unterhalb der Mindestsätze ohne einen anerkannten Ausnahmefall.

 

Rz. 8

Die Höhe der üblichen Vergütung beim Bauvertrag korrekt zu bestimmen, ist ausgesprochen schwierig, da sie von zahlreichen Einflüssen abhängt wie z.B. den örtlichen Gegebenheiten oder der wirtschaftlichen Lage.[7] Sie lässt sich (beispielsweise zur Vorbereitung einer Klage) durch Vergleichsangebote abschätzen. Im Rechtsstreit wird das Gericht hierzu im Regelfall jedoch ein Sachverständigengutachten einholen.[8] Beweispflichtig ist im Regelfall der Unternehmer.

[5] Vgl. Kniffka/Jurgeleit/von Rintelen, § 632 Rn 2 ff.
[8] Kniffka/Jurgeleit/von Rintelen, § 632 Rn 45.

b) Einheitspreisvertrag

 

Rz. 9

Der Standardtyp[9] des Bauvertrages – gleich ob bei großen Bauvorhaben oder bei kleineren Aufträgen – ist de...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge