Rz. 53

M ist seinem 4-jährigen Kind K, das bei seiner Mutter lebt, zum Unterhalt verpflichtet. Er hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.900 EUR. Die Kindsmutter hat ein bereinigtes Nettoeinkommen von monatlich 1.500 EUR. Das Kind besucht einen Kindergarten, wofür monatlich eine Gebühr von 100 EUR und ein Verpflegungsgeld von 50 EUR anfallen. M hat keine weiteren Unterhaltspflichten.

I. Anspruchsgrundlage für Kindesunterhalt und Barunterhaltspflicht

 

Rz. 54

Zur Anspruchsgrundlage vgl. Fall 1, Rdn 1.

II. Bedarf

 

Rz. 55

Es ist zwischen Regelbedarf, Mehrbedarf und Sonderbedarf zu unterscheiden.

1. Der übliche Bedarf nach der DT

 

Rz. 56

Der Regelbedarf[18] von Kindern richtet sich zunächst nach der Düsseldorfer Tabelle (DT). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Fall 1 (siehe Rdn 5 ff.) verwiesen.

 

Rz. 57

M hat ein Einkommen von 1.900 EUR. Es kommt deshalb grundsätzlich die Einkommensgruppe 1 (bis 1.900 EUR) zur Anwendung. Es ist nur ein Unterhaltsberechtigter vorhanden. Eine Höherstufung um eine Einkommensgruppe führt zur Einkommensgruppe 2 (1.901 – 2.300 EUR).

 

Rz. 58

Kind K ist 4 Jahre alt, es fällt also in die Altersstufe 1. Sein Bedarf beträgt damit grundsätzlich 396 EUR. Das halbe Kindergeld (109,50 EUR) ist bedarfsdeckend anzurechnen.

 

Zur Erinnerung:

Ab 1.1.2021 wurde das Kindergeld wie folgt erhöht
für erste und zweite Kinder auf 219 EUR
für dritte Kinder auf 225 EUR und
für vierte und weitere Kinder auf 250 EUR
 

Rz. 59

Der Unterhalt für K beträgt somit nach der DT 286,50 EUR (396 – 109,50 EUR).

[18] Vgl. hierzu Wendl/Klinkhammer, § 2 Rn 216 ff.

2. Mehrbedarf

 

Rz. 60

Das Kind besucht einen Kindergarten. Kindergartenkosten sind Mehrbedarf.

 

BGH, Beschl. v. 16.9.2020 – XII ZB 499/19 Rn 24

Neben die Tabellenbeträge, die den Regelbedarf abdecken, kann nach der Rechtsprechung des Senats ein Mehrbedarf für solche Bedarfspositionen treten, welche ihrer Art nach nicht in den Tabellenbedarf und mithin auch nicht in die Steigerungsbeträge einkalkuliert sind (vgl. Senatsurteil vom 26.11.2008 – XII ZR 65/07, FamRZ 2009, 962 Rn 25 – Kindergartenkosten; Senatsbeschluss BGHZ 213, 254 = FamRZ 2017, 437 Rn 37 – Hortkosten).

 

BGH, Beschl. v. 4.10.2017 – XII ZB 55/17

Ein solcher weitergehender Bedarf der Kinder liegt nach der Rechtsprechung des Senats hinsichtlich der üblichen pädagogisch veranlassten Betreuung in staatlichen Einrichtungen wie etwa Kindergärten, Schulen und Horten vor (vgl. insoweit Senatsurteile v. 5.3.2008 – XII ZR 150/05, FamRZ 2008, 1152 Rn 19 ff. und v. 1.6.2011 – XII ZR 45/09, FamRZ 2011, 1209 Rn 36 und Senatsbeschluss v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15, FamRZ 2017, 437 Rn 37).

Aus den Kosten hierfür sind die Verpflegungskosten herauszurechnen, da diese bereits mit dem Tabellenunterhalt abgegolten sind.

 

BGH, Urt. v. 26.11.2008 – XII ZR 65/07

Kindergartenbeiträge bzw. vergleichbare Aufwendungen für die Betreuung eines Kindes in einer kindgerechten Einrichtung sind in den Unterhaltsbeträgen, die in den Unterhaltstabellen ausgewiesen sind, unabhängig von der sich im Einzelfall ergebenden Höhe des Unterhalts nicht enthalten. Das gilt sowohl für die Zeit vor dem 31.12.2007 als auch für die Zeit nach dem Inkrafttreten des Unterhaltsänderungsgesetzes 2007 am 1.1.2008 (Aufgabe der Senatsurteile vom 14.3.2007 – XII ZR 158/04, FamRZ 2007, 882, 886 und vom 5.3.2008 – XII ZR 150/05, FamRZ 2008, 1152, 1154).

Auch in höheren Unterhaltsbeträgen sind die Kosten für den Besuch eines Kindergartens nicht, auch nicht teilweise enthalten. Der BGH ist bisher allerdings davon ausgegangen, dass der Beitrag für den halbtägigen Kindergartenbesuch grundsätzlich keinen Mehrbedarf eines Kindes begründet. An dieser Auffassung hält der BGH nicht fest.

Die in einer Kindereinrichtung anfallenden Verpflegungskosten sind dagegen mit dem Tabellenunterhalt abgegolten.

Kindergartenbeiträge können, schon da sie regelmäßig anfallen, keinen Sonderbedarf (§ 1613 Abs. 2 Nr. 1 BGB) begründen.

 

BGH, Beschl. v. 11.1.2017 – XII ZB 565/15 Rn 37[19]

Dass das Oberlandesgericht die Kindergarten- und Hortkosten als Mehrbedarf der Kinder anerkannt hat, entspricht der Rechtsprechung des Senats (Senatsurteil v. 26.11.2008 – XII ZR 65/07, FamRZ 2009, 962 Rn 17 ff.) und wird von der Rechtsbeschwerde nicht angegriffen.

Die vom Senat für Kindergartenkosten aufgestellten Grundsätze gelten auch hinsichtlich der Hortkosten, zumal diese ebenfalls regelmäßig pädagogisch bedingt sind.

Unerheblich ist dabei, ob es sich um eine staatliche oder eine private Einrichtung handelt.

 

BGH, Beschl. v. 4.10.2017 – XII ZB 55/17

(3) Ein betreuungsbedingter Mehrbedarf des Kindes liegt deswegen nur dann vor, wenn es sich um einen Betreuungsbedarf handelt, der über den Umfang der von dem betreuenden Elternteil ohnehin geschuldeten Betreuung hinausgeht, etwa wenn die Kosten eine besondere Förderung im Sinne der genannten Rechtsprechung des Senats zu staatlichen Kindergärten, Kindertagesstätten oder Horten betreffen.

Allerdings ist eine Qualifizierung der Betreuungskosten als Mehrbedarf nicht auf die besondere pädagogische Förderung in staatlichen Einrichtungen beschränkt.

Auch die Förderung in vergleichbaren privaten Einri...

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