Rz. 22

Die Gründe, warum Erblasser sich entschließen, im Privatbereich eine Testamentsvollstreckung zu verfügen, sind vielfältig und ebenso unterschiedlich wie die Erblasser selbst. Auch das sind bei näherer Betrachtung oftmals besondere Fälle, weshalb wir auch diese hier kurz beleuchten möchten.

 

Rz. 23

Gründe für die letztwillige Anordnung einer Testamentsvollstreckung mögen im Einzelfall auch eher irrationale Gründe sein, wie die Vorstellung, die Erben noch aus dem Grab heraus mit "kalter Hand" dirigieren zu wollen. In der Praxis sind diese Gründe aber sehr viel seltener, als gemeinhin in manchen Veröffentlichungen behauptet wird. Vielmehr stehen regelmäßig die wohlverstandenen Interessen des Nachlasses im Vordergrund.

 

Rz. 24

Derartige Gründe für eine Testamentsvollstreckung im privaten Vermögensbereich sind beispielsweise:

immer werthaltigere und komplizierter strukturierte Vermögen (Fonds, Beteiligungen; Auslandsvermögen);
immer weniger oder gar fehlende Abkömmlinge;
fehlendes Vertrauen in die vorhandenen Abkömmlinge;
Patchwork-Familienstrukturen, die die Gefahr in sich bergen können, dass bei unvorhergesehener Versterbensreihenfolge das Vermögen in den "falschen" Stamm abwandert;
karitative Erwägungen;
Wunsch nach einer Versorgung behinderter Abkömmlinge;
das materielle Interesse, den Nachlass vor dem Zugriff von Eigengläubigern der Erben zu schützen (beispielsweise bei Verbraucherinsolvenz oder in Hartz IV-Fällen);
Vereinfachung und Sicherstellen der Nachlassabwicklung (z.B., wenn die bedachten Abkömmlinge ihren Lebensmittelpunkt in Übersee haben und mit den Formalitäten in Deutschland nicht belastet werden sollen).
 

Rz. 25

Der Schlüssel zu diesen Regelungen liegt in dem Umstand begründet, dass die Testamentsvollstreckung zu einer Trennung von Nachlass- und Eigenvermögen des Erben führt (§§ 2205, 2211, 2214 BGB), und zwar bereits ab dem Zeitpunkt des Erbfalls. Durch die geschickte Anordnung der richtigen Form der Testamentsvollstreckung ist es daher möglich, die persönlichen Gläubiger des Erben für die Dauer der Testamentsvollstreckung vom Nachlass fernzuhalten.

 

Rz. 26

 

Übersicht: Das Dreistufenkonzept der Nachfolgegestaltung

Idealerweise erfolgt die Nachfolgegestaltung anhand folgender drei Stufen:

1.

Entwicklung eines ganzheitlichen Nachfolgekonzepts

für das Unternehmen und für den Privatbereich,
im Wege der vorweggenommenen und der letztwilligen Erbfolge.
2.

Vorsorge für die rechtliche Umsetzung des Nachfolgekonzepts insbesondere durch

Vorsorgevollmachten,
Gesellschaftsvertrag,
Ehevertrag,
Erbvertrag/Testament,
steuerliche Gestaltung.
3.

Durchsetzung der Nachfolgeregelung, soweit noch nicht zu Lebzeiten geschehen

über letztwillige Anordnungen (Erbeinsetzungen, Vermächtnisse, Auflagen etc.),
Testamentsvollstreckung.

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