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Die Beurteilungskriterien[83] richten sich an die am Begutachtungsprozess beteiligten Psychologen und Ärzte sowie Naturwissenschaftler und amtlich anerkannte Sachverständige. Dieses Werk bietet den Gutachtern eine Entscheidungsgrundlage, die in der Praxis für die medizinische wie medizinisch-psychologische Untersuchung Anwendung findet. Sie ergänzen die Begutachtungs-Leitlinien und dienen als Grundlage für die Begutachtung, bei der aus einer Vielzahl von Befunden abgeleitet werden muss, ob im Einzelfall die in den Begutachtungs-Leitlinien formulierten Grundsätze erfüllt werden.[84] Ihr einzelfallbezogener Differenzierungsgrad ist höher als bei den Begutachtungs-Leitlinien. Dabei werden laborchemische, medizinische und psychologische Befunddaten kombiniert.

In ihnen sind bundeseinheitliche Kriterien genannt, die bei der Begutachtung zur Fahrungeeignetheit bzw. bei der Wiedererlangung zugrunde gelegt werden. Nach den dort genannten fachlichen Kriterien arbeiten insbesondere die Begutachtungsstellen für Fahreignung. Mit der Veröffentlichung[85] dieser Arbeitsgrundlage wird die Begutachtung auch transparenter. Durch die Beurteilungskriterien wird sichergestellt, dass die Fahreignungs-Untersuchung nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen vorgenommen wird (Nr. 1c der Anlage 4 a zur Fahrerlaubnis-Verordnung). Deren Beachtung durch amtlich anerkannte Begutachtungsstellen für Kraftfahreignung ist durch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) in den Anforderungen an die Träger von Begutachtungsstellen verbindlich geregelt.[86]

Der Jurist muss sich in die spezielle Diktion der Beurteilungskriterien erst einlesen. Die Beurteilungskriterien sind nach Hypothesen und Kriterien aufgebaut. Die diagnostische Hypothese ist eine begründete Annahme, die die Voraussetzungen für eine positive Beurteilung formuliert.[87] Die Kriterien und Indikatoren formulieren diese Voraussetzungen konkret aus.[88]

Abweichungen von diesen regelhaften Beurteilungsgrundsätzen sind möglich, aber im Einzelfall zu begründen.[89] Wenn eine Begutachtung vom fachlichen Inhalt her analysiert und nachvollzogen werden soll, sind die Beurteilungskriterien heranzuziehen.[90]

[83] Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013.
[84] Kritisch hierzu: Hillmann, 52. VGT 2014, 181/188 = DAR 2014, 134/137.
[85] Schubert/Mattern, Beurteilungskriterien: Urteilsbildung in der medizinisch-psychologischen Fahreignungsdiagnostik, 2. Aufl. 2009.
[86] Zum Ganzen: Brenner-Hartmann/Wagner/Mußhoff/Hoffmann-Born/Löhr-Schwaab/Müller, Grundriss Fahreignungsbegutachtung, 1. Aufl. 2011, S. 21 f.
[87] Vereinfachte Formulierung für: "Eine diagnostische Hypothese ist eine begründete Annahme, die in ihrer Formulierung eine diagnostische Wertsetzung mit daraus abgeleiteten Veränderungsvoraussetzungen für eine positive Beurteilung verknüpft". Zitiert nach Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 73.
[88] Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 75 f.
[89] Schubert/Dittmann/Brenner-Hartmann, Beurteilungskriterien, 3. Aufl. 2013, S. 51; vgl. auch für die Begutachtungs-Leitlinien ausdrücklich: Vorbemerkung Nr. 3 S. 2 der Anlage 4 zur FeV.
[90] Eine knappe und übersichtliche Darstellung, die auch für Juristen geeignet ist, bietet: Brenner-Hartmann (u.a.), Grundriss Fahreignungsbegutachtung, 2011.

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