Rz. 1

Folgende europarechtlichen Vorschriften sind bedeutsam:

Erste EG-Führerschein-Richtlinie (80/1263/EWG) v. 4.12.1980.[1] Diese wurde im Wesentlichen umgesetzt durch 3. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 23.11.1982.[2]
Zweite EG-Führerschein-Richtlinie (91/439/EWG) v. 29.7.1991.[3] Zunächst teilweise umgesetzt durch VO v. 19.6.1996[4] zur gegenseitigen Anerkennung von Fahrerlaubnissen in der EU; umgesetzt i.Ü. durch das Gesetz zur Änderung des StVG und anderer Gesetze vom 24.4.1998.[5]
EG-Richtlinie 94/55/EG v. 21.11.1994 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten für den Gefahrguttransport auf der Straße,[6] umgesetzt durch "GefahrgutVO Straße" – GGVS v. 12.12.1996.[7] Weitere Beispiele zur Umsetzung von EG-Richtlinien nennt die 26. VO zur Änderung straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften v. 12.8.1997.[8]
 

Rz. 2

Gerade die Zweite EG-Führerschein-Richtlinie (91/439/EWG) bringt die Harmonisierung des Führerscheinrechts in Europa wesentlich voran durch

Anerkennung von FE aus Mitgliedstaaten der EU; Aufhebung der Umtauschpflicht,
Einführung neuer europäischer FE-Klassen,
einheitliche Zugangsvoraussetzungen und einheitliche Standards sowohl bei Prüfung als auch bei der Eignungsbeurteilung,
Kartenführerschein im Scheckkartenformat.
 

Rz. 3

Mittlerweile gilt die 3. Führerscheinrichtlinie (2006/126/EG) – (abgedr. im Anhang siehe § 60 Rdn 2). Hauptziele sind:

Verringerung der Betrugsmöglichkeit durch Einführung eines Führerscheinmusters in Form einer Plastikkarte mit der Möglichkeit zur Einführung eines Microchips
Einführung einer begrenzten Gültigkeitsdauer der FE
Harmonisierung der Zeitabstände der ärztlichen Untersuchung für Berufskraftfahrer
Einführung eines Führerscheins für Mopeds

Maßnahmen gegen den "Führerschein-Tourismus" (siehe hierzu § 32 Rdn 1 ff.):

Ausweitung des Grundsatzes des stufenweisen Zugangs zur FE für leistungsstärkere Fahrzeuge.

Nächste Schritte der Harmonisierung werden sein:

Regelungen über eine "europäische" Entziehung der FE
Einheitliches europäisches Sanktionssystem im FE-Recht.
 

Rz. 4

Einen Schritt in diese Richtung setzt das Übereinkommen über die Vollstreckung von Maßnahmen wie Entzug der FE und Fahrverbot. Ziel dieses Übereinkommens über den Entzug der FE vom 17.6.1998[9] ist es, die rechtlichen Möglichkeiten dafür zu schaffen, dass bestimmte als besonders schwerwiegend angesehene Zuwiderhandlungen, die in dem Staat, in dem die Zuwiderhandlung begangen wurde, zum Entzug der FE führen, im Wohnsitzstaat des Betroffenen geahndet werden sollen.

 

Rz. 5

Gegen dieses Übereinkommen werden aber erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. So ist es insbesondere problematisch, die in den einzelnen Ländern auf unterschiedlichem rechtsstaatlichem Niveau liegenden Anforderungen an die Tatsachenfeststellung und Messmethoden (vgl. z.B. die Geschwindigkeitsschätzung "mit der Maßeinheit des freien Amtsauges" in Österreich; nicht gewährtes Zeugnisverweigerungsrecht), die dann in immer noch sehr unterschiedlichen Sanktionen enden, in das Inland zu transportieren und hier zu vollstrecken. Die Vollstreckung ausländischer Titel im Inland verlangt nämlich stets die Gewährleistung verfassungsrechtlicher Mindeststandards. Bislang ist die Ratifizierung dieses Übereinkommens noch nicht erfolgt.

[1] ABl EG Nr. L 375, S. 1; dazu Jagow, DAR 1995, 360.
[2] BGBl I S. 1533.
[3] Abgedruckt in der Vorauflage: Haus/Zwerger, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 3, 2. Aufl. 2012, § 70 Rn 1. ABl EG Nr. L 237, S. 1; dazu Jagow, DAR 1992, 453; ders., DAR 1995, 360; ders., DAR 1997, 360.
[4] BGBl I S. 885.
[5] BGBl I S. 747 ff.; vgl. dazu auch BR-Drucks 821/96; BT-Drucks 13/6914, S. 46.
[6] ABl EG Nr. L 319, S. 7.
[7] VkBl 1997 S. 154.
[8] VkBl 1997 S. 644 ff.
[9] ABl EG vom 10.7.1998 – C 216/2; vgl. dazu: 38. VGT 2000, AK VI: Durchreisende Verkehrssünder, mit den Beiträgen von Berz (S. 213 ff.), Grünheid (S. 219 ff.); Neidhart (S. 229 ff.); siehe auch Berz, NZV 2000, 145; Grünheid, NZV 2000, 237; Neidhart, NZV 2000, 240; ders., MittBl. ARGE VerkR 1999, 42. Siehe ferner Zelenka, EU-Übereinkommen über den Entzug der FE, DAR 2001, 148; Papier, Grundrechtsschutz für Verkehrsteilnehmer, DAR 2002, 532 ff., 538 f. (V. Europäisierung des Straßenverkehrsrechts). Vgl. insgesamt auch Bönke, Mobile Sanktionen in Europa, in: Greißinger, AG Verkehrsrecht, Festschrift zum 25-jährigen Bestehen, 2004, 309 ff.

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