Rz. 59

Hinweis: Das LugÜ lässt nach seinem Art. 64 Abs. 1 die Anwendung folgender Rechtsakte durch die Mitgliedstaaten der Europäischen Gemeinschaft unberührt:

der VO (EG) Nr. 44/2001 des Rates über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – EuGVO[109] (einschließlich deren Änderungen),
des am 27.9.1968 in Brüssel unterzeichneten Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen – EuGVÜ,
des Luxemburger Protokolls vom 3.6.1971 über die Auslegung des EuGVÜ (vorstehende Rdn 56) durch den EuGH i.d.F. der Übereinkommen, mit denen die neuen Mitglieder der Europäischen Gemeinschaften jenem Übereinkommen und dessen Protokoll beigetreten sind, sowie
des am 19.10.2005 in Brüssel unterzeichneten Abkommens zwischen der Europäischen Gemeinschaft und dem Königreich Dänemark über die gerichtliche Zuständigkeit und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen.

Seit dem 18.6.2011 ist die EuGVO durch die EU-UnterhaltsVO für Unterhaltspflichten abgelöst worden (siehe Rdn 36). Vor diesem Hintergrund beschränkt sich die Bedeutung des Luganer Übereinkommens somit auf Sachverhalte mit Berührungspunkten zu Island, Norwegen und der Schweiz. Hier bestimmt Art. 5 Nr. 2 lit. a) LugÜ den Klägergerichtsstand am Wohnsitz oder am gewöhnlichen Aufenthalt des Unterhaltsberechtigten.

 

Rz. 60

Das LugÜ räumt also dem EuGVÜ und der EuGVO einen Vorrang ein und weicht von ihnen nur geringfügig ab. Abweichungen finden sich vor allem in den Regelungen über die internationale Zuständigkeit. Weiterhin ist der gesetzliche Wohnsitz nicht mehr erheblich.

 

Rz. 61

In Bezug auf die Protokolle zum LugÜ gilt Folgendes: Nr. 1 (über bestimmte Zuständigkeits-, Verfahrens- und Vollstreckungsfragen) begünstigt durch einige Sondervorschriften verschiedene Mitgliedstaaten. Nr. 2 (über die einheitliche Auslegung des Übereinkommens und den Ständigen Ausschuss) regelt die einheitliche Auslegung des LugÜ (anders als das EuGVÜ und die EuGVO ohne Begründung einer EuGH-Zuständigkeit durch Berücksichtigung der Entscheidungen anderer Vertragsstaaten, weshalb deren Entscheidungen auszutauschen sind; zudem war ein ständiger Beratungsausschuss zu gründen). Nr. 3 (über die Anwendung von Art. 67 des Übereinkommens) normiert einen Vorbehalt dergestalt, dass EG-Regelungen auf Sondergebieten den gleichen Vorrang genießen wie – nach Art. 67 Abs. 1 LugÜ – Staatsverträge zwischen EU-Mitgliedstaaten.

 

Rz. 62

Hinsichtlich der Erklärungen zum LugÜ findet sich in der Ersten Erklärung eine Versicherung der damaligen EG- (nunmehr EU-) Mitgliedstaaten, dass sie bei der Ausarbeitung von Sonderregelungen (i.S.d. Dritten Protokolls zum LugÜ) das Ihre tun werden, die Regeln des LugÜ zu respektieren. Die Zweite Erklärung beinhaltet eine Versicherung der EG-Mitgliedstaaten, in der sie es für angemessen halten, dass der EuGH bei der Auslegung der EuGVO (siehe Rdn 56) die Judikatur zum LugÜ berücksichtigen soll. Die Dritte Erklärung enthält eine Versicherung der Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelszone, dass sie es für angemessen halten, dass die Gerichte bei der Auslegung des LugÜ (soweit es sich mit dem EuGVÜ deckt) die Rechtsprechung des EuGH und der EU-Mitgliedstaaten zum EuGVÜ berücksichtigen.

[109] ABl EG 2001 Nr. L 12, S. 1.

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