Rz. 1104

Im Folgenden werden anhand von Beispielfällen verschiedene Einflussfaktoren gezeigt, die die Messwertbildung beeinflussen können.

(1) Heckmessungen

 

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Wie in Abb. 29 gezeigt, sind bei einer "unauffälligen" Messung mit korrekter Fotoposition und ohne Störfaktoren in der Datenaufzeichnung grob zwei "Pakete" von Ausschlägen vorhanden, welche grobe der Fahrzeugfront bzw. dem Fahrzeugheck zuzuordnen sind.

Ein hiervon abweichender Signalverlauf ist bei den sogenannten Heckmessungen festzustellen (siehe Abb. 35), bei der lediglich ein Punkt (Heckleuchte) einen signifikanten Beitrag zur Messwertbildung liefert. Gegenüber der normalen, "unauffälligen" Messung kann der ermittelte Messwert nicht im Rahmen einer abschnittsweisen Auswertung an zwei unabhängigen Stellen im Signalverlauf (Front und Heck, Stichwort: "gleiche Voraussetzungen") verifiziert werden. Aufgrund der geringen Datenmenge, die in die Berechnung der Kreuzkorrelationsfunktion einfließt, können mögliche Beeinflussungen durch Stufeneffekte oftmals nicht ausreichend beurteilt werden.

Abbildung 35 – Signalverlauf einer Heckmessung

 

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Durch Simulationen theoretischer Signalverläufe konnte gezeigt werden, dass eventuelle Stufeneffekte bei der Messwertbildung, welche bereits bei den Lichtschrankenmessverfahren eine potentielle Fehlermöglichkeit dargestellt haben, aus technischer Sicht nicht ohne Weiteres auszuschließen sind.[58] Dies gilt vor allem für dicht am Sensor vorbeifahrende Fahrzeuge.

Bei diesen Messungen bedarf es daher einer sachverständigen Auswertung der aufgezeichneten Rohmessdaten, um zu prüfen, ob evtl. Fehler bei der Messwertbildung ausgeschlossen werden können.

Diese Problematik betrifft gleichermaßen auch solche Situationen, bei denen die Messung lediglich über die Frontleuchte des Fahrzeuges erfolgt ist. Der einzige Unterschied zur Heckmessung besteht darin, dass die Beeinflussung bei der Datenaufzeichnung anhand des Messfotos nicht erkennbar ist.

[58] Siehe M. Grün, VRR 2014, 14 ff.

(2) Schattenmessungen

 

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Eine weitere Situation, bei der u.U. ein gegenüber der "unauffälligen" Messung deutlich abweichender Verlauf der Signale festzustellen ist, sind die sogenannten Schattenmessungen. Hierbei wird die Messung durch einen vorauseilenden Schatten oder Lichtreflex ausgelöst (siehe Abb. 36).

Abbildung 36 – Signalverlauf einer "nicht erkannten" Schattenmessung

Die Auswertung von Messdateien mit älterer Softwareversion (mindestens bis zur Version 1.004) hat gezeigt, dass wenn der Schatten durch die Sensoren als messauslösender Impuls erkannt und dadurch die Signalaufzeichnung begonnen wird, die Signal­aufzeichnung des Fahrzeuges gegenüber einer "normalen" Messung um die Entfer­nung zwischen Schattenwurf und Fahrzeugfront "verkürzt" wird. Somit wird das Fahrzeugheck u.U. bereits nicht mehr mit aufgezeichnet, so dass eine Verifizierung der Geschwindigkeit des Fahrzeuges an Front und Heck wiederum nicht in jedem Fall möglich ist.

Die sogenannten Schattenmessungen wurden durch die Gebrauchsanweisung vom 25.11.2009 als akzeptabel bezeichnet, jedoch ohne dies technisch zu begründen.

 

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Ein Schatten bewegt sich im Allgemeinen nur dann mit der Geschwindigkeit des Fahrzeugs, wenn das Licht, welches den Schatten hervorruft, von einer weit entfernten Lichtquelle, wie der Sonne, stammt und die Projektionsfläche parallel zur Bewegungsrichtung liegt. Als Gegenbeispiel sind hier, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, Scheinwerfer jeglicher Art, ob fest oder bewegt, als Lichtquelle und verbogene Leitplanken als Projektionsflächen zu benennen.

Offenbar hat jedoch auch der Hersteller die Problematik bei den Schattenmessungen erkannt. Mit Verwendung der Softwareversion 1.004 waren Messsituationen festzustellen, bei denen der Schattenwurf die Messung ausgelöst hat, die Datenaufzeichnung gegenüber einer "normalen" Messung gleichzeitig aber auf ca. 10 m bis 12 m verlängert wurde. Abb. 37 zeigt die aufgezeichneten Signale einer solchen Messung.

Allerdings sind auch ab der Softwareversion 1.004. weiterhin Messsituationen anzutreffen, bei denen vorauseilende Schatten oder Lichtreflexe o.ä. bei der geräteinternen Auswertung nicht als solche erkannt werden.

Abbildung 37 – Signalverlauf einer "erkannten" Schattenmessung

Welcher Datenbereich bei der geräteinternen Auswertung herangezogen wird, ist nicht bekannt. Zur Überprüfung, ob der vorgeworfene Messwert der tatsächlichen Geschwindigkeit des abgebildeten Fahrzeuges entspricht, ist daher die unabhängige Auswertung der Rohmessdaten erforderlich.

 

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Nicht erkannte Schattenmessungen treten nach wie vor auf, auch bei den aktuell verwendeten Softwareversionen. Das nachfolgende Fallbeispiel zeigt hierzu beispielhaft eine Messung bei einem Lkw mit Softwareversion 1.007.1. Die Messung wurde aufgrund des Sonnenstands und der Fahrzeugmaße durch den Schattenwurf auf der Baustellenwand ausgelöst.

Abbildung 38: Messfoto mit abweichender Fotoposition aufgrund des Schatteneinflusses

Abbildung 39: Signalaufzeichnung der betreffenden Messung mit "nicht erkannte...

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