Rz. 1570

Bei einer einigermaßen korrekten Justierung des Messgerätes – nur ein kleiner Teil des Strahlenkegels fällt auf die Fahrbahn – beeinträchtigt die gestreute Strahlung die Messung nicht, wie die folgende Diskussion der verschiedenen Strahlengänge verdeutlicht.

 

Rz. 1571

Zu a)

Trifft die von der Sendeantenne ausgesandte Radarstrahlung nun auf das zu messende Fahrzeug, so wirken die metallischen Teile des Fahrzeugs wie Spiegel. Speziell metallische Kanten wirken als besonders effektive Reflektoren. Die empfangene Signalstärke kann bei diesem Strahlenverlauf noch in derselben Größenordnung liegen wie die ausgesendete Signalstärke. Träte keine Reflexion auf, so wirkten die Unebenheiten der Fahrzeugoberfläche als Streuzentren und die empfangene Signalstärke wäre um drei Größenordnungen abgeschwächt.

Da sich das zu messende Fahrzeug bewegt und die Lichtgeschwindigkeit eine Natur­konstante ist, ändert sich die Frequenz des reflektierten Lichts. Es tritt der optische Dopplereffekt auf, analog dem akustischen Dopplereffekt der Schallfrequenzänderung, den man von einem vorbeifahrenden Fahrzeug mit Martinshorn kennt. Diese Frequenzverschiebung wird durch die Messelektronik in einen Geschwindigkeitswert umgerechnet und ausgewertet.

Das von solchen Einfachreflexionen stammende Radarecho ist mit Abstand das stärkste Signal, das die Empfangsantenne erhält. Die Unsicherheit, dass dieses Echo immer vom zu messenden Fahrzeug stammt, bedingt den "aufmerksamen Messbetrieb", um Knickstrahlmessungen oder Ähnliches bei der Messwertbildung ausschließen zu können.

 

Rz. 1572

Zu b)

Die gleiche Streuung wie an den Unebenheiten auf der Fahrzeugoberfläche findet jedoch auch auf der Fahrbahnoberfläche statt. Die komplette Schnittfläche der Fahrbahnoberfläche mit dem Strahlenkegel der Radarantenne wirkt nun durch Streuung als isotroper Strahler.

Von dieser großen Fläche gehen ungerichtet um drei Größenordnungen schwächere Strahlen als von der gerichteten Antenne aus.

Da die Fahrbahnoberfläche unbewegt ist, tritt hier noch keine Frequenzverschiebung auf.

Die gestreuten Strahlen werden ebenfalls am zu messenden Fahrzeug gestreut, bzw. reflektiert. Das Fahrzeug wirkt erneut als Reflektor, bzw. isotroper Strahler und die über diesen Weg am Messgerät ankommende Strahlung ist ggü. der direkt am Fahrzeug gestreuten Strahlung durch die zweite Streuung an der Fahrbahnoberfläche um weitere drei Größenordnungen, insgesamt also um drei (Reflexion am Fahrzeug) bis sechs Größenordnungen (Streuung am Fahrzeug) abgeschwächt.

 

Rz. 1573

Zu c)

An dieser Stelle wird nun ersichtlich, dass eine Konstellation, wonach die über die Fahrbahn an das Fahrzeug gelangte Strahlung auf demselben Weg wieder zurück müsste, unhaltbar ist, denn eine erneute Streuung auf der Fahrbahnoberfläche hätte auch eine erneute Abschwächung um drei Größenordnungen im Vergleich zu Fall b) zur Folge.

Erfahrungen mit Brückenmessungen, wo in der Tat verfrühte Auslösepositionen auftreten können (auch, aber nicht ausschließlich), legen nahe, dass die enge Halbwertsbreite, die in der Gebrauchsanweisung mit 5° horizontal und vertikal angegeben ist, nur für den ausgesendeten Strahlenkegel gilt. Der Empfang der Radarstrahlung ist offenbar in einem größeren Winkelbereich als 5° möglich.

Daher kann die Radarstrahlung, die auf der Fahrbahnoberfläche gestreut und auf dem zu messenden Fahrzeug reflektiert wurde, auch auf direktem Weg gemessen werden und muss nicht zwangsläufig auf demselben Weg wieder zurücklaufen, um gemessen zu werden.

In den bisherigen Betrachtungen blieb noch die Wichtigkeit des Messwinkels unbeachtet. Der Dopplereffekt wird vom Messgerät nur an der Geschwindigkeitskomponente in Richtung der Radarantenne wahrgenommen. Die Geschwindigkeitskomponente parallel zum Fahrbahnverlauf wird dagegen nicht festgestellt. Da die Radarstrahlung unter einem Winkel von 22° auf das zu messende Fahrzeug fällt, korrigiert die Messelektronik automatisch die bestimmte Geschwindigkeit um einen gewissen Betrag, der dem Kosinus des Winkels zwischen Strahlmitte und Fahrbahnrand (22°) entspricht, bevor sie den Geschwindigkeitswert in das Messfoto einblendet (s. Abb. 32).

Ist nun die Radarantenne soweit verkippt, dass keine direkte Reflexion an der Fahrzeugoberfläche mehr stattfindet, so werden die von der Fahrbahnoberfläche gestreuten und an der Fahrzeugoberfläche reflektierten Strahlen detektiert. Da aber die Fahrbahnoberfläche als isotroper, d.h. gleichmäßig in alle Richtungen strahlender Strahler wirkt, kann kein fester Winkel bestimmt werden, unter dem die von der Fahrbahnoberfläche gestreute Strahlung auf die Fahrzeugoberfläche fällt. Es ist nicht auszuschließen, dass dabei auch Strahlung unter einem Winkel von 0° auf die Fahrzeugoberfläche fällt. Die Messelektronik jedoch korrigiert die aus der Dopplerverschiebung der detektierten Strahlung festgestellte Geschwindigkeit weiterhin so, als ob die Strahlung korrekt unter einem Winkel von 22° auf die Fahrzeugoberfläche fiele und leitet daraus den aus dem Cosinus d...

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