Rz. 53

Regelmäßig sind bei der Erteilung des Mandats nicht alle für die Unfallbearbeitung erforderlichen Informationen verfügbar. Im Interesse einer effektiven Mandatsbearbeitung müssen die fehlenden Informationen möglichst kurzfristig beschafft werden. Auf welchem Wege dies geschehen kann und was bei der Informationsbeschaffung zu beachten ist, wird nachfolgend dargestellt.

Während die mandantenbezogenen Informationen ohne weiteres über Nachfrage beim Mandanten beschafft werden können, treten bei der Beschaffung von Fremddaten regelmäßig Probleme auf.

 

Rz. 54

 

Hinweis

Die Ermittlung der erforderlichen Daten ist in erster Linie darauf gerichtet, den Kfz-Haftpflichtversicherer des gegnerischen Unfallfahrzeugs zu ermitteln. Hintergrund dieser Grundregel ist der aus § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG resultierende Direktanspruch des Geschädigten gegen den Kfz-Haftpflichtversicherer des den Unfall verursachenden Fahrzeuges. Die weiteren Daten über den Fahrer und Halter des gegnerischen Unfallfahrzeugs werden bei der (rein) außergerichtlichen Abwicklung des Mandats i.d.R. nicht benötigt.

 

Rz. 55

Steht der gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherer fest, sollte deshalb keine Zeit mit der Ermittlung weiterer Daten über den Fahrer und Halter verschwendet werden. Anders liegt es jedoch, wenn sich während der vorgerichtlichen Korrespondenz herausstellt, dass nicht alle geltend gemachten Ansprüche erfüllt werden und somit eine gerichtliche Geltendmachung der Ansprüche gegenüber der gegnerischen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung unausweichlich wird. In diesem Fall wird es vielfach geboten sein, den ansonsten als Zeugen zugunsten des gegnerischen Versicherers aussagenden Fahrer mit zu verklagen. Dann bietet es sich an, die Person des Fahrers bereits während der außergerichtlichen Betreuung des Mandates umgehend zu ermitteln.

I. Ermittlung des gegnerischen Fahrers

 

Rz. 56

Name und Anschrift des gegnerischen Unfallfahrers lassen sich regelmäßig über die den Unfall aufnehmende Polizeidienststelle in Erfahrung bringen. Fand keine polizeiliche Unfallaufnahme statt, lässt sich die Person des Fahrers allenfalls über weitere Unfallzeugen ermitteln. Dieser Weg ist jedoch äußerst beschwerlich und sollte nur in den Fällen gegangen werden, in denen die Person des Fahrers für die weitere Schadensabwicklung benötigt wird.

Dringend erforderlich sind die Fahrerdaten mithin erst wieder im Klageverfahren. Dort bietet es sich an, den Fahrer dadurch als Zeugen "auszuschalten", dass er mitverklagt wird. Insoweit wird es aber im Einzelfall sorgfältig abzuwägen sein, ob ein solcher "Vorteil" ggf. einen hohen Ermittlungsaufwand rechtfertigt. Letztendlich wird der betroffene Fahrer aller Voraussicht nach als Partei vom Gericht aus angehört werden und der Gehalt seiner Aussage ist bei zutreffender Würdigung seines persönlichen Interesses und seiner Beteiligung ungeachtet der formellen Einkleidung seiner Person im Prozess derselbe wie bei einer Zeugenaussage.

Eine Alternative zu einem umfangreichen eigenen Ermittlungsaufwand besteht mithin darin, es dem gegnerischen Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer zu überlassen, die Daten "ihres Zeugen" zu ermitteln und diesen im Prozess zu präsentieren. In diesem Fall kann der nunmehr bekannte Fahrer im Laufe des Prozesses mitverklagt werden. Bei einem solchen Vorgehen ist allerdings darauf zu achten, dass die örtliche Zuständigkeit des Gerichtes hierbei vorsorglich über den Unfallort (§ 32 ZPO, § 20 StVG) begründet werden sollte, um frei von einer Gerichtsstandvereinbarung den Fahrer als Beklagten in den Prozess mit einbeziehen zu können.

II. Ermittlung des gegnerischen Halters

 

Rz. 57

Name und Anschrift des Halters des gegnerischen Unfallfahrzeugs können ebenso wie Fahrerdaten über die aufnehmende Polizeidienststelle erfragt werden. Ist der Halter auch dort nicht bekannt oder wurde der Unfall nicht polizeilich aufgenommen, lässt sich der Halter über eine sog. Halteranfrage bei der zuständigen Straßenverkehrsbehörde in Erfahrung bringen.

 

Rz. 58

Muster 1.4: Halteranfrage

 

Muster 1.4: Halteranfrage

Straßenverkehrsamt _________________________

– Zulassungsstelle –

_________________________

Halteranfrage

Pkw _________________________, amtl. Kennzeichen _________________________

Sehr geehrte Damen und Herren,

ich vertrete die rechtlichen Interessen von _________________________ aus _________________________. Eine Kopie der auf mich lautenden Vollmacht füge ich in der Anlage bei.

Am _________________________ wurde der im Eigentum meines Mandanten stehende Pkw von dem Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen _________________________ bei einem Verkehrsunfall durch das fremde Fahrzeug beschädigt. Zur Wahrung der zivil- und strafrechtlichen Ansprüche meines Mandanten bitte ich um Benennung des Halters und – soweit bekannt – des Kfz-Haftpflichtversicherers des vorbezeichneten Fahrzeugs.

Mit freundlichen Grüßen

(Rechtsanwalt)

 

Rz. 59

Die Halteranfrage setzt voraus, dass

das Kfz-Kennzeichen des betreffenden Fahrzeugs bekannt ist und
der Straßenverkehrsbehörde ein rechtliches Interesse an der Auskunft nachgewiesen wird.

Sofern die Halteranf...

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