Rz. 66

Sachbearbeiter in Rechtsanwaltskanzleien haben sich in der Regel auf ein bestimmtes Rechtsgebiet spezialisiert, so z.B. auf die Bearbeitung von außergerichtlichen Unfallschäden, die Zwangsvollstreckung oder das Kostenrecht. Verschiedene Weiterbildungsinstitute bieten Sachbearbeiterlehrgänge an. Eine Spezialisierung der Mitarbeiter kann aber z.B. auch dem Rechtsgebiet des Anwalts folgen. Ist der Anwalt z.B. Fachanwalt im Familienrecht, ist es auch für Mitarbeiter sinnvoll, einen Sachbearbeiterlehrgang im Familienrecht zu besuchen. Hier wird er nicht nur mit den Grundlagen des Familienrechts vertraut gemacht, sondern erfährt auch, wie in Familiensachen richtig abgerechnet wird und welche Besonderheiten bei der Zwangsvollstreckung aus familiengerichtlichen Titeln bestehen. Es gibt auch Sachbearbeiterlehrgänge für Arbeitsrecht, Baurecht, Verkehrsrecht oder Insolvenzrecht. Teilweise werden solche Sachbearbeiterlehrgänge auch mit der Möglichkeit einer Instituts-Prüfung angeboten. Eine solche Prüfung wird von Rechtsanwälten häufig sehr positiv in Einstellungsgesprächen bewertet, auch wenn es sich nicht um eine Fortbildung nach dem Berufsbildungsgesetz handelt, bei der die Rechtsanwaltskammern die Prüfungen abnehmen (wie z.B. bei Rechtsanwaltsfachangestellten oder Rechtsfachwirten).

1. Zwangsvollstreckung

 

Rz. 67

Im Bereich der Zwangsvollstreckung obliegt den Rechtsanwaltsfachangestellten oder anderen Mitarbeitern einer Kanzlei im Rahmen der Sachbearbeitung die Herbeiführung der Zwangsvollstreckungsvoraussetzungen zu einem bereits bestehenden Titel. Dies bedeutet, dass sie zum einen für die Beschaffung der Vollstreckungsklausel und für eine eventuell im Parteibetrieb notwendige Zustellung zuständig sind. Daneben erteilen sie Sachpfändungsaufträge an den Gerichtsvollzieher und stellen Anträge auf Abnahme der Vermögensauskunft und den Erlass von Haftbefehlen. Weiterhin beantragen sie Pfändungs- und Überweisungsbeschlüsse, um Forderungen und Rechte des Schuldners gegen Dritte (Drittschuldner) zu pfänden. Sofern hierbei Schwierigkeiten auftreten, werden sie dabei Rücksprache entweder mit dem Bürovorsteher/Rechtsfachwirt oder dem Anwalt nehmen.

→ Welche Anträge im Rahmen der Zwangsvollstreckung im Einzelnen zu stellen sind und welchen Hintergrund diese haben, wird in Teil 6 Zwangsvollstreckung (§§ 31–42) ausführlich beschrieben.

2. Kostenrecht und Gebührenrecht

 

Rz. 68

Rechtsanwaltsfachangestellte werden in der Regel nicht nur die Rechnungen an den Mandanten oder dessen Rechtsschutzversicherung, sondern auch die Kostenfestsetzungs- und -ausgleichsanträge an das Gericht erstellen. Daneben obliegt ihnen auch die Abrechnung mit der Staatskasse, wenn dem Mandanten Prozesskostenhilfe gewährt worden ist oder eine Beiordnung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger erfolgte. Gleiches gilt für die Abrechnung von Beratungshilfe.

 

Rz. 69

Entwurfsfertigung von Schriftsätzen in Kostenfestsetzungsverfahren, Prüfung gegnerischer Kostenfestsetzungsanträge bis hin zur Entwurfsfertigung von Rechtsmitteln und Rechtsbehelfen im Kostenfestsetzungsverfahren sind typische Aufgaben von Rechtsanwaltsfachangestellten.

→ Die Berechnung der Kosten sowie Muster für das Abfassen von Kostenfestsetzungs- und -ausgleichsanträgen finden sich in § 30.

3. Mahnverfahren

 

Rz. 70

Rechtsanwaltsfachangestellte füllen die Mahnanträge online aus bzw. beantragen die Durchführung des Mahnverfahrens im elektronischen Verfahren und prüfen ihrerseits, ob alle Voraussetzungen für das Mahnverfahren erfüllt sind. Außerdem bearbeiten sie die eingehenden Antragsmonierungen des Mahngerichts. Ist die Zweiwochenfrist nach Zustellung des Mahnbescheides abgelaufen, beantragen sie selbstständig den Vollstreckungsbescheid, wenn kein Widerspruch des Antragsgegners eingegangen ist.

→ Einen genauen Überblick über das Mahnverfahren enthält § 20 im Abschnitt über das Zivilprozessrecht unter § 20 Rdn 7 ff.

4. Inkasso/Forderungseinzug

 

Rz. 71

Ob und inwieweit einer/einem Rechtsanwaltsfachangestellten das vorprozessuale Inkasso (Forderungseinzug) von Forderungen übertragen werden kann, hängt allein von den Fähigkeiten und der Sachkunde der Rechtsanwaltsfachangestellten ab. Es besteht die Gefahr, dass Forderungen geltend gemacht werden, die nicht oder nicht so bestehen, wie sie in dem vorprozessualen Schreiben bezeichnet sind. Daher ist für das selbstständige Bearbeiten solcher Mandate durch Rechtsanwaltsfachangestellte sicherzustellen, dass diese über die entsprechenden Kenntnisse verfügen. Eine spätere Korrektur von falschen Zahlen oder Ansprüchen im Prozess ist nicht nur schwierig, zeitaufwendig und unter Umständen mit Kosten verbunden, sondern hinterlässt auch beim Mandanten das Gefühl, nicht bei einer kompetenten Kanzlei aufgehoben zu sein. Dies ist aber für den Fortbestand eines Mandats und für neue Aufträge unabdingbar.

 

Rz. 72

Natürlich kann es insbesondere bei Inkassoforderungen, die gleichförmig immer wieder vorkommen, sinnvoll sein, die Aufforderungsschreiben mit entsprechenden Textbausteinen durch Rechtsanwaltsfachangestellte fertigen zu lassen. Dies setzt jedoch zumindest voraus, ...

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