Rz. 35

Der Pflichtteilsanspruch ist kein Noterbrecht, wie im Bereich des romanischen Rechtskreises, sondern ein reiner Geldanspruch. Er entsteht mit dem Erbfall (§ 2317 BGB). Er ist ab dann vererblich und übertragbar und nach vertraglicher Anerkennung oder Rechtshängigkeit auch pfändbar (§ 852 ZPO). Allerdings hat der BGH die Vollstreckungsmöglichkeit insoweit erleichtert, als er bereits vorher als bedingter Anspruch pfändbar ist, aber erst verwertbar wird, wenn die Rechtshängigkeit oder vertragliche Anerkennung des Pflichtteilsanspruchs erfolgt.[54] Er ist eine Nachlassverbindlichkeit im Sinne einer Erbfallschuld (§ 1967 Abs. 2 BGB) und steht daher mit Vermächtnissen und Auflagen hinter sonstigen Nachlassverbindlichkeiten zurück.

 

Rz. 36

Der Pflichtteilsanspruch ist insb. auch nach der Rspr.[55] vom eigentlichen Pflichtteilsrecht zu unterscheiden. Das Pflichtteilsrecht ist aber die "Quelle" des späteren Anspruchs. Das Pflichtteilsrecht gewährt dem pflichtteilsberechtigten Erben aber besondere Verteidigungsrechte:

Möglichkeit der Ausschlagung zur Pflichtteilserlangung bei einem übermäßig beschwerten Erbe (§ 2306 Abs. 1, 2 BGB), die gerade zur Abwehr übermäßiger Vermächtnisbelastungen zu nutzen ist (siehe Rdn 37 f.) und § 2318 BGB vorgeht;
Kürzungsrecht nach § 2318 BGB gegenüber Vermächtnissen und Auflagen;
Leistungsverweigerungsrecht des pflichtteilsberechtigten Miterben nach der Nachlassteilung (§ 2319 BGB);
Einrede nach § 2328 BGB gegen den Pflichtteilsergänzungsanspruch zur Verteidigung des eigenen, zu ergänzenden Pflichtteils.[56]
[55] BGH NJW 1997, 521 = ZEV 1997, 111.
[56] Soergel/Dieckmann, Vor § 2303 Rn 3.

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