Rz. 57

Soweit der Gläubiger das Forderungsinkasso einem externen Dienstleister übertragen möchte, gibt es für ihn auch in zeitlicher Hinsicht mehrere Optionen. Dabei gilt grundsätzlich, dass eine Abgabe vor der verzugsbegründenden Mahnung die Erstattungsfähigkeit der dann nicht mehr kausal auf dem Verzug beruhenden Rechtsverfolgungskosten entfallen lässt. Der früheste Zeitpunkt der Abgabe ist also nach Verzugseintritt.

Der Gläubiger kann die Forderungseinziehung unmittelbar nach dem Verzugseintritt, aber auch erst nach dem außergerichtlichen Inkasso oder gar erst nach der Titulierung auf einen Dritten übertragen. Auch könnte er – insoweit zur eigenen Kostenlast – das gesamte Debitorenmanagement auf ein externes Unternehmen übertragen, was Synergieeffekte mit sich bringen kann. Hier empfehlen sich allerdings dann mehrere getrennte Vertragswerke.

Im zweiten Schritt wird er überlegen, ob er das Forderungsinkasso im eigenen Namen und/oder jedenfalls auf eigene Rechnung betrieben haben möchte oder ob er seine Forderung verkauft bzw. im Wege des echten oder unechten Factoring übertragen und so schnelle Liquidität herstellen möchte.[124]

 

Rz. 58

& Checkliste: Aspekte der Gläubigerentscheidung

Neben den Aspekten eines effektiven Forderungsmanagements stehen dabei auch andere Fragen zur Diskussion. So sind

das eigene Image,
die jeweils zu erzielende Nettorendite aus der offenen Forderung,
der Zeitpunkt der Liquiditätszuführung,
die Frage nach der Aufrechterhaltung der Geschäftsbeziehung zum Schuldner/Verbraucher,
die IT- oder Personalausstattung des Gläubigers,
die Möglichkeiten eines kostensparenden Informationsmanagements und
die Kostentragungspflicht

in der Entscheidungsfindung heranzuziehende Aspekte.

 

Rz. 59

Eine wesentliche Frage ist also auch, in welchem Umfang der Schuldner die Kosten des Forderungsinkassos zu tragen hat, dessen Angelegenheiten der Gläubiger mit dem Forderungsmanagement verfolgt, nämlich den berechtigten Forderungsausgleich als Erbringung der Gegenleistung. Nicht zuletzt von der Beantwortung dieser Frage hängt es ab, welche Handlungsvariante für den Gläubiger zumindest betriebswirtschaftlich am sinnvollsten ist.

 

Rz. 60

& Checkliste: Die Fragen des Gläubigers

Der Gläubiger wird sich also folgende Fragen stellen:

Welche Ziele sollen mit dem Forderungsinkasso verfolgt werden?
Können diese Ziele ganz oder teilweise mit einer unternehmensinternen Mahnabteilung und wenn ja zu welchem Preis erreicht werden?
Welche Ziele können mit einem externen Partner zu welchem Preis erreicht werden?
Welcher Partner bietet im Hinblick auf die anvisierten Ziele die effektivste und zugleich kostengünstigste Lösung?
Ist mit einer streitigen Auseinandersetzung zu rechnen oder ist der Schuldner möglicherweise (nur) zahlungsunwillig oder ganz oder teilweise zahlungsunfähig?
[124] Insbesondere das Factoring hat bei den Inkassodienstleistern seit 2012 deutlich an Bedeutung gewonnen; diese Dienstleistung wird mittlerweile von beinahe jedem vierten Unternehmen angeboten. Für die Gläubiger hat das echte Factoring ebenfalls immer wichtiger geworden; seit 2012 hat sich die Nachfrage verdreifacht. Vgl. "Update Branchenstudie Inkasso – Neue Zahlen, Daten und Fakten über das Forderungsmanagement", Bülow in zfm 2016, 223. Auch kann mit Abrechnungsgesellschaften kooperiert werden.

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