Rz. 1

Am 1.12.2020 ist mit dem Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG) die lange erwartete Reform des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) in Kraft getreten (WEG-Reform).[1] Das neue Gesetz war am 16.10.2020 beschlossen und am 22.10.2020 im Bundesgesetzblatt verkündet worden (BGBl I 2020, S. 2187). Es bringt weitreichende Änderungen mit sich, insbesondere hinsichtlich der Formen des Sondereigentums.

Die für die notarielle Gestaltungspraxis wichtigsten Eckpunkte werden nachfolgend im Überblick kurz zusammengefasst:[2]

 

Rz. 2

 

WEG-Reform: Überblick über die wichtigsten Eckpunkte

1.

Sondereigentumsfähigkeit jeglicher Stellplätze

Mit der WEG-Reform gelten jegliche Stellplätze als Räume (§ 3 Abs. 1 S. 2 WEG) und sind sondereigentumsfähig. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich um Einzelgaragen,[3] Garagenstellplätze in Tief- oder Sammelgaragen (mit oder ohne – haltbare – Markierung), oberirdische Stellplätze, einzelne Stellplätze einer Mehrfachparker-Anlage[4] oder Stellplätze auf Garagendächern handelt. Stellplätze müssen durch Maßangaben im Aufteilungsplan bestimmt sein (§ 3 Abs. 3 Hs. 2 WEG).

Die Neuregelung bietet den Vorteil, dass im Sondereigentum stehende Stellplätze (anders als mit einem Sondernutzungsrecht belegte Stellplätze) nunmehr auch außerhalb der WEG verkauft werden können.

2.

Annex-Sondereigentum: Sondereigentumsfähigkeit von außerhalb des Gebäudes liegenden Freiflächen

Nach § 3 Abs. 2 WEG kann das Sondereigentum auf einen außerhalb des Gebäudes liegenden Teil des Grundstücks erstreckt werden (daher auch als "Annex-Sondereigentum" bezeichnet),[5] es sei denn, die Wohnung/die nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume bleiben dadurch wirtschaftlich nicht die Hauptsache.

Hierbei geht es insbesondere um Garten- und Terrassenflächen, deren Zuordnung bisher über Sondernutzungsrechte gelöst wurde. Auch Freiflächen müssen durch Maßangaben im Aufteilungsplan bestimmt sein (§ 3 Abs. 3 Hs. 2 WEG).

Die Neuregelung bietet den Vorteil, dass solche Freiflächen, die ja einen größeren wirtschaftlichen Wert haben können, nun als "echtes" (Annex-)Sondereigentum ausgewiesen werden können, was der Erwartung von Eigentümern/Käufern entgegenkommt ("mein Garten"). Zudem folgen Themen wie die Bestellung von Dienstbarkeiten oder Abwehrrechte klaren Regeln. Erste Erfahrungen zeigen, dass die Neuerungen von den Ämtern ohne besondere zusätzliche Verzögerungen umgesetzt werden, wenn ein ordnungsgemäß vermaßter Plan vorliegt. In der Praxis halten viele aufteilende Eigentümer jedoch vss. gerne nach dem Prinzip "bekannt – bewährt" an Sondernutzungsrechten an Freiflächen fest. Wenn in dem konkreten Fall befürchtet wird, dass das zuständige Bauamt und das Grundbuchamt (Anlauf-)Schwierigkeiten haben könnten, ist das bewährte – und zudem ja außerordentlich flexible – Sondernutzungsrecht ohnehin auch weiterhin das Mittel der Wahl.

3.

Aufteilungspläne zu Freiflächen und oberirdischen Stellplätzen

Die Aufteilungspläne der Abgeschlossenheitsbescheinigung werden durch die Sondereigentumsfähigkeit von Freiflächen und von jeglichen Stellplätzen nun noch größere Bedeutung als bisher haben: Nach § 7 Abs. 4 WEG müssen aus den Aufteilungsplänen der Abgeschlossenheitsbescheinigung die Aufteilung nicht nur des Gebäudes, sondern auch des Grundstücks und die Lage und Größe nicht nur der im Sondereigentum und der im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Teile des Gebäudes, sondern auch des Grundstücks ersichtlich sein. Nicht nur alle zu demselben Sondereigentum gehörenden Einzelräume, sondern auch die hierzu gehörenden Teile des Grundstücks sind jeweils mit derselben Nummer zu kennzeichnen.

4.

Eintragung von Veräußerungsbeschränkungen und der Haftung von Sondernachfolgern für Geldschulden

Nach § 7 Abs. 3 S. 2 WEG sind Veräußerungsbeschränkungen (§ 12 WEG) und die Haftung von Sondernachfolgern für Geldschulden ausdrücklich in das Grundbuch einzutragen. Eine bloße Bezugnahme auf die Eintragungsbewilligung reicht nicht mehr aus. Unterbleibt die Eintragung, entfalten die Veräußerungsbeschränkung und die Geldschuldenhaftung keine Wirkung gegenüber Sondernachfolgern.

5.

Gemeinschaft der Wohnungseigentümer

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ist in einem neuen Abschnitt 3 in den §§ 9a ff. WEG geregelt. Sie ist uneingeschränkt rechtsfähig. Nach § 9b WEG vertritt der Verwalter – grundsätzlich unbeschränkt – die Wohnungseigentümergemeinschaft gerichtlich und außergerichtlich, beim Abschluss eines Grundstückskauf- oder Darlehensvertrages jedoch nur aufgrund eines Beschlusses der Wohnungseigentümer.

Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer entsteht, und zwar auch im Fall der Aufteilung nach § 8 WEG, bereits mit der Anlegung der Wohnungsgrundbücher (Ein-Personen-Gemeinschaft, § 9a Abs. 1 S. 2 WEG). Die von der Rechtsprechung entwickelte "werdende Wohnungseigentümergemeinschaft" wird hierdurch überflüssig. Die Wohnun...

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