Rz. 27

Von zentraler Bedeutung für das Verfahren ist der Beteiligtenbegriff. Anders als im Zivilprozess stehen sich nicht zwei oder mehrere Parteien gegenüber; im FamFG-Verfahren können eine Vielzahl von Personen beteiligt sein, deren Interessen nicht notwendig unterschiedlich sein müssen. Derjenige, der Beteiligter ist, genießt verfahrensrechtliche Privilegien. So hat er Anspruch auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, und die Entscheidung muss ihm bekannt gemacht werden, § 15 FamFG. Auch ist der Beteiligtenbegriff für die Frage der Beschwerdebefugnis von Bedeutung, § 59 Abs. 1 FamFG. Andererseits bringt die Beteiligtenstellung auch Pflichten und Nachteile. So kann ein Beteiligter nicht Zeuge sein, § 30 FamFG, §§ 373 ff. ZPO, und es können ihm Kosten auferlegt werden, § 81 FamFG. Bei der Bestimmung des Beteiligtenbegriffs ist wie folgt zu differenzieren:

1. Beteiligter im materiellen Sinne

 

Rz. 28

Beteiligter im materiellen Sinne[29] ist jeder, dessen Rechte durch das Verfahren unmittelbar berührt werden können, ohne Rücksicht darauf, ob er am Verfahren teilgenommen hat.[30] Beispiel: Im Erbscheinsverfahren sind die im Testament bedachten Personen und die gesetzlichen Erben materiell Beteiligte.

[29] Vgl. Keidel/Sternal, § 7 FamFG Rn 17.
[30] BayObLG NJW-RR 1988, 931.

2. Beteiligter im formellen Sinne

 

Rz. 29

Beteiligter im formellen Sinne ist jeder, der zur Wahrnehmung seiner Interessen am Verfahren teilnimmt oder Anträge stellt.

3. Bedeutung des Beteiligtenbegriffs

 

Rz. 30

Der Beteiligtenbegriff ist maßgeblich für:

die Beteiligtenfähigkeit, § 8 FamFG (Rechtsfähigkeit)
Anspruch auf rechtliches Gehör, § 30 Abs. 4 FamFG, Art. 103 Abs. 1 GG
Akteneinsicht, §§ 13, 357 FamFG
Beschwerdeberechtigung, § 59 FamFG
Zeugenbeweis, § 30 FamFG, §§ 373 ff. ZPO

4. Bevollmächtigung

 

Rz. 31

Den Beteiligten ist es möglich, sich im nachlassgerichtlichen Verfahren durch Bevollmächtigte vertreten zu lassen, § 11 FamFG.

5. Definition des Beteiligtenbegriffs im FamFG

 

Rz. 32

Das FamFG enthält eine gesetzliche Definition des Beteiligtenbegriffs.[31] In Antragsverfahren ist der Antragsteller Beteiligter, § 7 Abs. 1 FamFG.

 

Rz. 33

Nach § 7 Abs. 2 FamFG sind als Beteiligte hinzuzuziehen

diejenigen, deren Recht durch das Verfahren unmittelbar betroffen wird (bislang bezeichnet als materiell Beteiligte),
diejenigen, die aufgrund dieses oder eines anderen Gesetzes von Amts wegen oder auf Antrag zu beteiligen sind.

Das Gericht kann von Amts wegen oder auf Antrag weitere Personen als Beteiligte hinzuziehen, soweit dies in diesem oder einem anderen Gesetz vorgesehen ist, § 7 Abs. 3 FamFG.

 

Rz. 34

Das Gericht entscheidet durch Beschluss, wenn es einem Antrag auf Hinzuziehung nicht entspricht. Der Beschluss ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567572 ZPO anfechtbar.

 

Rz. 35

Diejenigen, die nach § 7 Abs. 3 FamFG als Beteiligte zu dem Verfahren hinzugezogen werden können, sind von der Einleitung des Verfahrens zu benachrichtigen, soweit sie dem Gericht bekannt sind. Sie sind über ihr Antragsrecht zu belehren, § 7 Abs. 4 FamFG.

§ 7 Abs. 6 FamFG stellt klar, dass derjenige, der anzuhören ist oder eine Auskunft zu erteilen hat, ohne dass die Voraussetzungen des Absatzes 2 oder 3 vorliegen, dadurch nicht Beteiligter wird.

 

Rz. 36

Eine Spezialvorschrift für Nachlasssachen findet sich in § 345 FamFG:

 

§ 345 FamFG Beteiligte

(1) In Verfahren auf Erteilung eines Erbscheins ist Beteiligter der Antragsteller.

Ferner können als Beteiligte hinzugezogen werden:

1. die gesetzlichen Erben,
2. diejenigen, die nach dem Inhalt einer vorliegenden Verfügung von Todes wegen als Erben in Betracht kommen,
3. die Gegner des Antragstellers, wenn ein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist,
4. diejenigen, die im Falle der Unwirksamkeit der Verfügung von Todes wegen Erbe sein würden, sowie
5. alle Übrigen, deren Recht durch den Ausgang des Verfahrens unmittelbar betroffen werden kann.

Auf ihren Antrag sind sie hinzuzuziehen.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für die Erteilung eines Zeugnisses nach § 1507 des Bürgerlichen Gesetzbuchs oder nach den §§ 36 und 37 der Grundbuchordnung sowie den §§ 42 und 74 der Schiffsregisterordnung.

(3) Im Verfahren zur Ernennung eines Testamentsvollstreckers und zur Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses ist Beteiligter der Testamentsvollstrecker. Das Gericht kann als Beteiligte hinzuziehen

1. die Erben,
2. den Mitvollstrecker.

Auf ihren Antrag sind sie hinzuzuziehen.

(4) In den sonstigen auf Antrag durchzuführenden Nachlassverfahren sind als Beteiligte hinzuzuziehen in Verfahren betreffend

1. eine Nachlasspflegschaft oder eine Nachlassverwaltung der Nachlasspfleger oder Nachlassverwalter,
2. die Entlassung eines Testamentsvollstreckers der Testamentsvollstrecker,
3. die Bestimmung erbrechtlicher Fristen derjenige, dem die Frist bestimmt wird,
4. die Bestimmung oder Verlängerung einer Inventarfrist der Erbe, dem die Frist bestimmt wird, sowie im Fall des § 2008 des Bürgerlichen Gesetzbuchs dessen Ehegatte oder Lebenspartner,
5. die Abnahme einer eidesstattlichen Versicherung, derjenige, der die eidesstattliche Versicherung abzugeben hat, sowie im Fall des § 2008 des Bürgerlichen Gese...

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