Rz. 25

Es erscheint nach aktuellem Stand äußerst zweifelhaft, ob die für das Jahr 2022 erwartete Evaluierung eine positivere Bewertung bringen wird. Vielmehr wurde die in der 1. Auflage dieses Werks bereits geäußerte Sorge, dass Unternehmen durch die Reform zu Scheinarbeitnehmerüberlassungsverträgen gezwungen werden, bestätigt. Die Risikoverlagerung zu Lasten der Unternehmen bei fortbestehenden ungelösten Abgrenzungsproblemen erschwert insbesondere innovative agile Arbeitsformen.[58]

 

Rz. 26

Der Koalitionsvertrag 2021 zwischen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP erwähnt das Recht der Arbeitnehmerüberlassung sowie die Evaluierung nur am Rande.[59] Im Wesentlichen beschränkt die Koalition sich auf das Bekenntnis, es handele sich bei Arbeitnehmerüberlassung und Werkverträgen um notwendige Instrumente. Strukturelle und systematische Rechtsverstöße seien durch eine bessere Rechtsdurchsetzung zu verhindern. Die daneben zum AÜG getroffene Aussage, man werde Änderungsmöglichkeiten prüfen, sofern sie aufgrund europäischer Rechtsprechung unter Berücksichtigung der Evaluierung erforderlich werden, offenbart den geringen Stellenwert, der den praktischen Problemen derzeit beigemessen wird. Von besonderem Interesse für die Branche wird die erwartete Entscheidung des EuGH auf die Vorlagefrage des BAG[60] zur der Richtlinienkonformität der Tariföffnungsklausel des § 8 Abs. 2 S. 1 AÜG sein.

Hinsichtlich einer Abschaffung der Höchstüberlassungsdauer haben sich die Koalitionspartner Bündnis 90/Die Grünen sowie FDP in einer 2021 durch den iGZ durchgeführten Umfrage[61] zuletzt indes offen gezeigt, während die SPD an der gegenwärtigen Regelung festhalten möchte. Es bleibt gleichwohl zu hoffen, dass nach Veröffentlichung der Evaluation auch unter der Führung von Hubertus Heil ein Umdenken im Ministerium stattfinden wird. Für die betroffenen Arbeitnehmer sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts wäre es ein Gewinn, wenn das Recht des Fremdpersonaleinsatzes von bürokratischen und regulativen Hürden befreit und stattdessen die konsequente Befolgung des Arbeitsschutzrechts in den Betrieben forciert würde (vgl. § 3 Rdn 3).

[58] Kuhlmann/Haus, BB 2019, 1781.
[59] Koalitionsvertrag vom 7.12.2021, 70 f.
[61] Abrufbar unter https://www.ig-zeitarbeit.de/index.php/blogeintrag/abschaffung-der-hoechstueberlassungsdauer.

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