Rz. 90

Nach § 2039 BGB hat mithin der einzelne Erbe ein Einziehungs- und Prozessführungsrecht. Machen alle Miterben gemeinsam Gebrauch, gelten wiederum die Regelungen der §§ 2038, 2040 BGB. Der einzelne Miterbe kann auch gegen den Willen der anderen Miterben den Prozess führen.

Die Leistung kann der Miterbe wegen § 2039 S. 1 BGB jedoch nur an alle Erben fordern. Dabei haben die weiteren Miterben eine Mitwirkungspflicht zur Leistungsannahme.

Aufgrund der Regelungen der §§ 745 Abs. 2 i.V.m. 2038 Abs. 2 S. 1 BGB können jedoch mehrheitlich die Erben anderweitig entscheiden.

Wird aufgrund dieser Entscheidung der anderen Miterben die Annahme verweigert, so muss der Schuldner nicht erfüllen. Dem überstimmten Miterben bleibt dann nur übrig, nach § 2039 S. 2 BGB vorzugehen, wonach der Verpflichtete die zu leistende Sache für alle Erben hinterlegen muss oder wenn sie sich nicht zur Hinterlegung eignet, an ein gerichtlich zu bestellenden Verwahrer abzuliefern.

 

Rz. 91

Bei Konfusion erlischt hingegen das Prozessrechtsverhältnis, wenn also die Kläger- und die Beklagtenstellung nachträglich in einer Person zusammenfallen.[150]

 

Rz. 92

Durch die Klage des Miterben wird die Verjährung des Anspruches auch gegenüber den anderen Miterben gehemmt.[151] Wurde der Miterbe von den anderen Miterben dazu ermächtigt, kann er auch ausnahmsweise Leistungen an sich verlangen. Diese Ausnahme soll auch gelten, wenn die Klage zulässig das Ergebnis der Erbauseinandersetzung vorwegnimmt. Dies ist dann gegeben, wenn die fragliche Forderung der einzige zur Verteilung reife Nachlassbestandteil ist oder der Schuldner der einzige weitere Miterbe ist und das Teilungsverhältnis feststeht (ausführlich zu den Ausnahmen siehe Rdn 100).[152]

 

Rz. 93

Der Miterbe kann sowohl Leistungsklage erheben, Klage auf künftige Leistungen, Klagen auf Feststellung der Nichtigkeit eines Testaments, positive sowie negative und Zwischen-Feststellungsklage. Voraussetzung ist hier lediglich, dass Streitgegenstand das Bestehen oder Nichtbestehen eines auf alle Miterben bezogenen Nachlassanspruchs ist.

Klagt ein Miterbe nach § 2039 BGB, so hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen kann aber im Innenverhältnis Aufwendungsersatzansprüche gem. § 670 BGB analog geltend machen.

Da zwischen den Miterben keine notwendige Streitgenossenschaft besteht, können die weiteren Miterben als Zeugen im Prozess zur Verfügung stehen, was einen prozesstaktischen Vorteil bietet.

 

Rz. 94

Stirbt die Klägerin und führt nur ein Miterbe die Klage gegen den Beklagten und nunmehr Miterben weiter, ist dies zulässig.[153] Verstirbt der Kläger während des Rechtsstreits und wird er vom Beklagten und einem Dritten als Miterben beerbt, so wird der Prozess auf Klägerseite allein vom Dritten fortgeführt und behält der Beklagte seine prozessuale Stellung bei.[154] Aus § 2039 S. 1 BGB folgt die Berechtigung des einzelnen Miterben, eine zum Nachlass gehörende Forderung als gesetzlicher Prozessstandschafter für die Erbengemeinschaft auch gegen einen Miterben geltend zu machen.

In jedem Fall kann aber nur die Leistung an alle Miterben verlangt werden. Aufgrund der Zugehörigkeit der Klageforderung zum Sondervermögen der ungeteilten Erbengemeinschaft kommt es im Fall, dass ein Miterbe Schuldner der Forderung ist, nicht zu einem Erlöschen der Forderung durch materielle Konfusion.[155]

[150] Stöber, MDR 2007, 758.
[151] Staudinger/Werner, § 2039 Rn 26.
[152] BGH LM § 2042 Nr. 4; Palandt/Weidlich, § 2039 Rn 11.
[153] BGH ZErb 2016, 142 m.w.N. = NJW 2014, 1886; BGH ErbR 2016, 263.
[154] BGH ZErb 2016, 142 = ErbR 2016, 263.
[155] So Stöber, MDR 2007, 759 m.w.N.

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