Rz. 51

Für die Erleichterung und für die Einheitlichkeit der Rechtsverfolgung steht § 27 ZPO als besonderer Gerichtsstand der Erbschaft zur Verfügung. Diese Vorschrift gibt einen Gerichtsstand für diejenigen Ansprüche und Rechtsverhältnisse, die durch den Erbfall als solchen entstehen.[66] Da es sich lediglich um einen fakultativen Gerichtsstand können auch andere Gerichtsstände daneben treten oder aber vereinbart werden. Wird ein Gerichtsstand zwischen den Parteien vereinbart, so geht dieser vor.

[66] Stein/Jonas/Schumann, § 27 Rn 1; Krätzschel, in: Kroiß/Horn/Solomon, Kap. 27 Rn 1.

1. Anwendungsbereich

a) Wohnsitz als Ausgangspunkt

 

Rz. 52

Der Gerichtsort des § 27 ZPO wird durch den allgemeinen Gerichtsstand des Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes bestimmt. Gemäß § 13 ZPO wird dies in aller Regel der Wohnort des Erblassers sein.

Dabei spielt es keine Rolle, ob sich in diesem Gerichtsbezirk des Wohnortes noch die Nachlassgegenstände befinden oder dort jemals befunden haben.[67]

Ausschlaggebend ist einzig und allein, wo der Erblasser seinen allgemeinen Gerichtsstand hatte. Der Begriff des Wohnsitzes ist von dem Begriff des Aufenthaltes abzugrenzen.

Unter Wohnsitz ist der Ort zu verstehen, an dem sich jemand permanent niederlässt und zwar in der Absicht, diesen zum Mittelpunkt seiner wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Tätigkeit zu machen.[68]

[67] MüKo-ZPO/Patzina, § 27 Rn 2.
[68] Zöller/Vollkommer, § 13 Rn 4.

b) Erblasser hat mehrere Wohnsitze

 

Rz. 53

Hatte der Erblasser mehrere Gerichtsstände – z.B. durch weitere Wohnsitze – so hat der Kläger nach § 35 ZPO die Auswahl zwischen diesen, da mehrere Erbgerichtsstände hierdurch bestehen.[69]

[69] MüKo-ZPO/Patzina, § 27 Rn 2.

c) Erblasser hat keinen Wohnsitz oder keinen Wohnsitz im Inland

 

Rz. 54

Sofern der Erblasser nicht über einen Wohnsitz verfügte, gilt zunächst § 16 ZPO, wonach der allgemeine Gerichtsstand einer Person durch den Aufenthaltsort im Inland bestimmt wird. Besteht ein solcher ebenfalls nicht, so ist der letzte bekannte Wohnsitz ausschlaggebend.

§ 27 Abs. 2 ZPO schafft einen Hilfsgerichtsstand für die Fälle, bei denen ein deutscher Erblasser zur Zeit seines Todes keinen allgemeinen Gerichtsstand im Inland, sondern im Ausland hat. Dann können alle unter § 27 Abs. 1 ZPO fallenden Klagen vor dem Gericht des Bezirks des letzten inländischen Wohnsitzes erhoben werden.[70]

Genoss der Erblasser das Recht der Exterritorialität oder war er als Angehöriger des öffentlichen Dienstes im Ausland beschäftigt, entsteht dadurch kein neuer Gerichtsstand, sondern es bleibt nach § 15 ZPO beim Gerichtsstand am letzten Wohnsitz des Erblassers im Inland. Fehlt wiederum ein solcher, so ist der Gerichtsstand nach § 15 S. 2 ZPO am Sitz der Bundesregierung, also in Berlin, wobei für Honorarkonsuln diese Vorschrift wegen § 15 Abs. 2 ZPO nicht gilt.

Keine Anwendung findet das EuGVÜ, so dass § 27 ZPO auch die deutsche internationale Zuständigkeit über die örtliche hinaus begründet.

[70] Krätzschel, in: Kroiß/Horn/Solomon, Kap. 27 Rn 13.

2. Beispiel

 

Rz. 55

§ 27 ZPO begründet nur für bestimmte Streitigkeiten einen nicht ausschließlichen besonderen Gerichtsstand. Die nachfolgende Übersicht soll die einzelnen Gerichtsstände für den Erbprozess verdeutlichen.

Die Klage kann aber auch vor dem allgemeinen Gerichtsstand nach § 12 ZPO – dem Gericht, welches für den Wohnsitz des Beklagten zuständig ist, erhoben werden.

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