Rz. 1121

Bei der Vermögenszuwachsrechnung wird das gesamte Vermögen des Steuerpflichtigen innerhalb zweier Stichtage erfasst. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich die Steuermehrungen nur aus versteuerten Einkünften, steuerfreien Einnahmen und einmaligen Vermögensanfällen, wie z.B. Erbschaften, Schenkungen, Spielgewinne, ergeben. Zeigen sich hier Differenzen, ist dies nach der Rechtsprechung ein Indiz für nicht vollständig erfasste Einnahmen.

Um eine Vermögenszuwachsrechnung zu erstellen, sind detaillierte Informationen, auch aus der Privatsphäre erforderlich.

 

Rz. 1122

 

Hinweis

Informationen zur Privatsphäre gehören zur Darlegungs- und Beweispflicht des Unterhaltsschuldners.

Auch dessen andere Einkünfte (Überschusseinkünfte) aus der privaten Vermögenssphäre, die sich in steuerrechtlichen Einkünften aus den §§ 20, 21 und 22, 23 EStG ergeben, zeigen die Leistungsfähigkeit und werden berücksichtigt!

Auch zur Abgrenzung zwischen betrieblich veranlassten und privaten Aufwendungen werden die Informationen aus der Privatsphäre herangezogen.

 

Rz. 1123

Dem Unterhaltsschuldner werden im Zuge der Anwendung einer Vermögenszuwachsrechnung erhebliche Mitwirkungspflichten aufgebürdet.

 

Erst eine vollständige Ausnutzung des durch Gesetz und Richterrecht an die Hand gegebenen Auskunftsrechts ermöglicht die Erfüllung der Dispositions- und Verhandlungsmaxime des Zivilprozesses und damit die volle Wahrnehmung der Unterhaltsansprüche.[921]

 

Rz. 1124

In der praktischen Anwendung sind umfangreiche Informationen für jedes Jahr erforderlich, die die Verfasser in einer 34 Positionen umfassenden Liste zusammengestellt haben.

1. Ist Grundvermögen vorhanden und wie wird dieses bewertet?
2. Kapitalvermögen, Geldanlagen, auch aus Lebensversicherungen, Bau- und Sparkassenguthaben und Sparverträgen? Gibt es hieraus Auszahlungen?
3. Schulden, außer Betriebsschulden?
4. gezahlte Einkommen- Vermögen-, Kirchensteuer, Lastenausgleichsabgaben, außer von betrieblichen Konten?
5. Beiträge zu Kranken-, Unfall-, Lebensversicherungen, sonstigen Versicherungen, Sterbekassen, außer von betrieblichen Konten?
6. Beiträge zu Bausparkassen und Sparratenverträgen einschließlich gutgeschriebener Zinsen, außer von betrieblichen Konten?
7. Krankheitskosten, soweit nicht von dritter Seite erstattet?
8. Vereinsbeiträge und Ausgaben für Liebhabereien?
9. Aufwendungen für Reisen privater Art?
10. Ausgaben für Erziehung, Ausbildung der Kinder, Aussteuer, Mitgift, außerhalb des Geschäftsbereichs usw., Unterhaltszuschüsse und Zuwendungen an Kinder oder sonstige Verwandte, Schenkungen an Dritte, außer von betrieblichen Konten?
11. Ausgaben für Beschaffung von Hausrat, Möbeln, Kleidung, Büchern, Schmuck, usw.?
12. Anschaffung und Unterhalt von privaten Kraftfahrzeugen?
13. private Prozesskosten, Strafen und Spenden?
14. Anschaffung von privatem Grundbesitz?
15. Aufwendungen für Verbesserungen an privaten Grundstücken?
16. Mietzahlungen und Mietwert der eigenen Wohnung?
17. Aufwendungen für Haushaltshilfe?
18. Schuldzinsen und Renten?
19. Mindererlöse aus Veräußerungen von Vermögensteilen, soweit im Anfangsvermögen (1.1. des Jahres) enthalten sowie sonstige tatsächliche Vermögensverluste, z.B. aus Bürgschaften und Kursverlusten?
20. Erwerb durch Erbschaft oder Schenkung von Dritten (abzgl. Erbschaftsteuer)?
21. Ausgezahlte Kursgewinne (die ab 2009 steuerbar sind)?
22. Steuerfreie Einkünfte und Pauschbeträge für Werbungskosten?
23. AfA für Privatgrundbesitz?
24. Mehrerlöse aus Verkauf von Teilen des sonstigen Vermögens und von Privatgrundbesitz, falls diese im Anfangsvermögen aufgeführt sind?
25. Gesamterlös aus Verkauf von Privatgrundbesitz, falls dieser nicht im Anfangsvermögen aufgezählt ist?
26. Geldbestände zu den Stichtagen auf Bank- und Sparkonten, außer auf betrieblichen Konten?
27. außerbetriebliche Gewährung von Darlehen?
28. Gelder aus außerbetrieblichen Schuldaufnahmen?
29. Rückzahlungen von außerbetrieblichen Schulden?
30. Gelder aus Rückzahlungen außerbetrieblich gewährter Darlehen?
31. Erstattung nicht abzugsfähiger Steuern?
32. Erstattung aus Versicherungsleistungen?
33. Privater Geldverbrauch für Nahrungs- und Genussmittel, Bekleidung, sonstige Haushaltsführung, Körper- und Gesundheitspflege, Bildung und Unterhaltung, Vereinsbeiträgen, Liebhabereien, Reisen und Urlaub, öffentliche und private Verkehrsmittel, Miete, Strom, Gas, Brennstoffe, Wasser-, Müll- und Kanalgebühren, Nachrichtenübermittlungen, insbesondere Telefon, Anschaffung privater Investitionsgüter wie Fahrzeuge, Wohnungseinrichtungen, Prozesskosten, Strafen, Spenden, Schuldzinsen, sonstige Lebenshaltung, Haushaltshilfen, etc.?
34. Zahlung von Schadenersatz von Dritten, Spielgewinne, Spekulationsgewinne?
 

Rz. 1125

Nun wird eingewandt werden, wie ein derart komplexes Instrument in ein unterhaltsrechtliches Auskunftsverfahren eingebracht werden kann.

Dieser Einwand ist insoweit richtig, als die Anwendung der Vermögenszuwachsrechnung wohl dem Sachverständigen im gerichtlichen Verfahren vorbehalten sein wird...

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