Rz. 845

Ab 2012[639] werden Kinderbetreuungskosten ausschließlich als Sonderausgaben i.S.d. § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG steuerlich berücksichtigt. Erwerbsbedingte und nicht erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten werden nicht mehr differenziert. Auf die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen, wie z.B. Erwerbstätigkeit oder Ausbildung der Kindeseltern, kommt es nicht mehr an.

Unter der Betreuung ist die behütende oder beaufsichtigende Betreuung zu verstehen. Die persönliche Fürsorge für das Kind muss der Dienstleistung erkennbar zugrunde liegen.

 

Rz. 846

Voraussetzungen

Es muss sich um ein Kind i.S.d. § 32 Abs. 1 EStG handeln.
Das Kind muss zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören.
Ist das Kind im gemeinsamen Haushalt[640] von mehreren Berechtigten, nämlich von Eltern, von einem Elternteil und dessen Ehegatten, Pflegeeltern oder Großeltern, bestimmen diese untereinander gegenüber der Familienkasse den Berechtigten nach § 64 Abs. 2 S. 2 EStG. Die Berechtigtenbestimmung ist vom Antragsteller beizubringen.[641]
Gegebenenfalls entscheidet das Familiengericht auf Antrag desjenigen, der ein berechtigtes Interesse hat, nach § 64 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 4 EStG durch den Rechtspfleger nach § 231 Abs. 2 FamFG; § 25 Nr. 2a RPflG. Bei einem gemeinsamen Haushalt von einem Elternteil und Großeltern sind letztere nachrangig, außer der Elternteil verzichtet auf seinen Vorrang. Die Bestimmung des kindergeldberechtigten Elternteils im paritätischen Wechselmodell richtet sich nach dem Kindeswohl.[642] Auch eine vor der Trennung getroffene Bestimmung des Berechtigten bleibt wirksam, bis sie von einem Berechtigten widerrufen wird.[643]
 

Rz. 847

 

Hinweis zum Wechselmodell

Bei nicht zusammenlebenden Elternteilen ist grundsätzlich die Meldung des Kindes maßgebend. § 9 Satz 1 Nr. 2 i.V.m. § 12 Bundesmeldegesetz (BMG) räumt einem Elternteil gegenüber der Meldebehörde kein subjektiv-öffentliches Recht auf Berichtigung des Melderegisters ein. Dies würde nur dann der Fall sein, wenn die dort gespeicherten Daten unrichtig oder unvollständig wären. Der Begriff des Betroffenen in den melderechtlichen Regelungen zur Berichtigung von unrichtigen oder unvollständigen Daten des Melderegisters umschreibt nach der Rechtsprechung[644] aufgrund der Bezogenheit des Berichtigungsanspruchs auf das Datenschutzrecht und das dort verbürgte Recht auf informationelle Selbstbestimmung stets die bestimmte oder bestimmbare natürliche Person, über deren persönliche oder sachliche Verhältnisse die in Frage stehenden Daten Einzelangaben enthalten, also die Bezugsperson der personenbezogenen Daten des Melderegisters. Es geht um die Meldedaten des Kindes. Ein Elternteil kann das Melderecht ohne das vorherige Einverständnis zur Meldung des Kindes auch nicht aus seinem Elternrecht aus Art. 6 Abs. 1 und 2 Grundgesetz herleiten. Die elterliche Sorge steht den Eltern nach §§ 1626, 1629 Abs. 1 BGB gemeinschaftlich zu und ein Elternteil ist nur dann antragsbefugt, wenn eine Einverständniserklärung oder Vollmacht des anderen Elternteils für das Verfahren vorliegt oder das Familiengericht eine solche Einverständniserklärung ersetzt hat.[645]
Ein Kind kann ausnahmsweise zum Haushalt des Elternteils gehören, bei dem es nicht gemeldet ist, wenn der Elternteil dies nachweist oder glaubhaft macht. Die Zahlung des Kindergeldes an einen Elternteil kann ein weiteres Indiz für die Zugehörigkeit des Kindes zu dessen Haushalt sein, wobei in Ausnahmefällen ein Kind auch zu den Haushalten beider getrenntlebender Elternteile gehören kann.[646]
Nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt/M.[647] erfordert die Beurteilung der gleichwertigen Betreuung im Einzelfall eine schwierige tatsächliche Feststellung. Es handelt sich um ein Unterhaltsverfahren nach § 231 Abs. 2 FamFG. Gemäß § 112 Nr. 1 FamFG handelt es sich um eine Familienstreitsache.[648] Bei einem echten Wechselmodell steht den Kindeseltern das Kindergeld intern hälftig zu und es kann ein Ausgleich über den familienrechtlichen Ausgleichsanspruch erfolgen.[649] Bei einer Betreuung im Verhältnis von 45 % zu 55 % kann noch nicht von einem unterhaltsrechtlichen paritätischen Wechselmodell, bei dem beide Elternteile quotal für den Unterhaltsbedarf des Kindes einzustehen haben, die Rede sein.[650] Der nach der Rechtsprechung anerkannte Grundsatz des BGH,[651] dass ein paritätisches Wechselmodell nur angeordnet werden kann, wenn zwischen den Eltern eine tragfähige Kommunikations- und Kooperationsbasis besteht, könne vom grundsätzlichen Denkansatz her als wertendes Element herangezogen werden, um die Frage zu entscheiden, ob ein spezifisches von den Eltern praktiziertes Betreuungsmodell bereits als echtes Wechselmodell qualifiziert werden kann. Das KG hat seine Entscheidung so auf die Rechtsprechung des BGH[652] gestützt. Danach betrug der Betreuungsanteil des mitbetreuenden Elternteils 46,67 %. Das KG verlangte, dass ein streng paritätisches, bzw. striktes Wechselmodell praktiziert werden muss. Es müsse annähernd eine Quote von 50 % zu 50 % er...

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