Rz. 766

Verluste sind in allen Einkunftsarten denkbar.

Da es im Familienrecht auf die potenzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen ankommt, stellt sich die Frage, inwieweit Verluste unterhaltsrechtlich relevant sind.

Soweit Verluste aus tatsächlichen Aufwendungen resultieren, wie z.B. aus Zinsleistungen für bestehende Darlehensverbindlichkeiten, sind diese zu berücksichtigen.[536]

Seit 1999 werden steuerrechtlich sog. Verlustzuweisungsgesellschaften durch § 2b EStG bekämpft. Auch als Vermögensdispositionen des Unterhaltschuldners bleiben sie familienrechtlich unberücksichtigt.[537]

 

Rz. 767

Verlustzuweisungsgesellschaften zeigen sich in Form von Gewerbebetrieben vornehmlich im Rahmen einer Beteiligung an gewerblichen Kommanditgesellschaften oder an einer GmbH & Co. KG sowie in Form privater Vermögensverwaltung als Wohnungseigentümergemeinschaft, Wohnungseigentum, Bruchteilsgemeinschaft, Gesamthandsgemeinschaft in Form einer BGB-Gesellschaft bzw. einer vermögensverwaltenden Kommanditgesellschaft und des geschlossenen Immobilienfonds.

Verlustzuweisungsgesellschaften sind darauf ausgerichtet, in den ersten Jahren über die Verlustzuweisungsquote das Einkommen und die Steuerlast zu reduzieren.

Bei gewerblichen Beteiligungen erreichen sie dieses Ziel durch erhöhte Abschreibungen, Sonderabschreibungen und Bewertungsabschläge, Bildung steuerfreier Rücklagen sowie dem Erwerb von GWBs.

 

Hinweis

Der BFH hat zwei – auch als "Goldfinger-Modelle" beschriebene – Gestaltungen akzeptiert, bei denen Personengesellschaften durch den Ankauf physischen Goldes Verluste aus Gewerbebetrieb erzielt haben. Diese Gestaltungen führen bei den Gesellschaftern zu Steuervorteilen, wenn kein sog. Steuerstundungsmodell vorliegt.[538]

 

Rz. 768

Private Vermögensanlagen profitieren von vorweggenommenen und laufenden Werbungskosten wie z.B. Abschreibungen und hohen Finanzierungskosten.

Bei gewerblichen Beteiligungen hat der Unterhaltpflichtige als Mitunternehmer Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG. Gewinne und Verluste werden hierbei den Gesellschaften nach §§ 179, 180 AO anteilig zur Besteuerung zugewiesen.

Bei einer vermögensverwaltenden Verlustzuweisungsgesellschaft hat der Unterhaltpflichtige Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gem. § 21 EStG.

Verluste aus diesen Arten von Beteiligungen dürfen nicht mit anderen Einkünften, sondern nur mit späteren Einkünften oder mit gleichzeitigen Einkünften aus Verlustzuweisungsgesellschaften verrechnet werden, §§ 2a, 15 a, 21 Abs. 1 S. 2 EStG.

Wenn die Beteiligungen keine steuerliche Anerkennung erfahren, bleiben sie auch unterhaltsrechtlich unberücksichtigt, weil das steuerliche Einkommen des Unterhaltspflichtigen die Basis für die Ermittlung des Unterhaltseinkommens bildet.[539]

Der BGH[540] duldet insbesondere keine unterhaltsrechtliche Berücksichtigung von Verlusten aus Bauherrenmodellen. Er stellt den Unterhaltspflichtigen so, als hätten die vermögensbildenden Aufwendungen nicht stattgefunden. Zins- und Tilgungsaufwendungen werden jedoch unterhaltsrechtlich nicht berücksichtigt.

Konsequenterweise sind hinsichtlich der erzielten Steuervorteile die fiktiven Steuerlasten zu berücksichtigen, die ohne die Beteiligung am Bauherrenmodell aufzubringen gewesen wären. Steuerliche Verlustvorträge außerhalb des Anknüpfungszeitraums bleiben außer Betracht.[541]

Bei Verlusten im Zusammenhang mit Einkünften aus Gewerbebetrieb muss individuell untersucht werden, woraus die Verluste resultieren, insbesondere, wenn der Unterhaltschuldner keine weiteren positiven Einkünfte aus anderen Einkunftsarten erzielt. Es ist ein zeitnaher Dreijahresdurchschnitt zu bilden, um die schwankenden Einkünfte auszugleichen.[542] Die ehelichen Lebensverhältnisse sind zu betrachten. Zu prüfen ist in diesem Zusammenhang auch, ob der Unterhaltschuldner seine Gewinnermittlungsart in dem Betrachtungszeitraum gewechselt hat, z.B. von der Einnahmen-Überschuss-Rechnung zum Betriebsvermögensvergleich übergegangen ist. Hier sind Korrekturen vorzunehmen, die häufig schon zu positiven Ergebnissen führen.

[536] Vgl. BGH FamRZ 2005, 1159; FuR 2005, 361 ff.
[537] Vgl. OLG Hamburg FamRZ 1984, 59; BGH FamRZ 1987, 913, 916.
[538] BFH, Urteile v. 19.1.2017 – IV R 10/14 sowie IV R 50/14; www.bundesfinanzgericht.de.
[539] OLG Hamburg, Urt. v. 28.4.1983 – 16 UF 2/83, FamRZ 1984, 59.
[540] BGH, Urt. v. 3.6.1987 – IV b ZR 64/86, FamRZ 1987, 913, 916.
[541] OLG Celle, Urt. v. 2.5.2001 – 10 UF 177/99, FuR 2001, 509–515.
[542] OLG Brandenburg mHa Wendl/Dose/Kemper, FamRZ 2014, 219.

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