aa) Beitragszahlungen während des Zusammenlebens

 

Rz. 834

Generell sind Vorsorgeaufwendungen abzugsfähig und anzuerkennen, wenn sie schon während des Zusammenlebens mit dem Ehepartner getätigt worden sind.

Derartige Beträge standen während der Ehe für den Konsum nicht mehr zur Verfügung.[627]

[627] OLG Koblenz FamRZ 2000, 1366 ff.; OLG Celle FuR 2000, 27 ff.

bb) 20 %- und 4 %- Grenze

 

Rz. 835

Dem Unternehmer oder eines wegen Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze nicht mehr sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigen wird die freie Wahl über die Art und Weise gelassen, wie er bis zu 20 % seines Bruttoeinkommens als primäre Altersvorsorge aufwenden will.[628]

Der Betrag erfolgt in Anlehnung an die gesetzliche Rentenversicherung nach der 20 %-Grenze, um eine Gleichbehandlung mit nicht selbstständigen erwerbstätigen Unterhaltsschuldnern herzustellen.

Zusätzlich ist der tatsächlich betriebene Aufwand für die sog. sekundäre Altersvorsorge in Höhe von 4% des Gesamtbruttoeinkommens zu berücksichtigen. Selbstständige können daher 24 % ihres Bruttoeinkommens des jeweiligen Jahres für die angemessene Altersvorsorge aufwenden von ihrem unterhaltsrelevanten Einkommen absetzen.[629] Zu den Vorsorgeaufwendungen rechnen ferner die Kosten einer privaten Krankenversicherung, nicht aber diejenigen zur Absicherung gegen Arbeitslosigkeit.[630] Bei der Einkommensermittlung sind tatsächlich geleistete Vorsorgeaufwendungen somit in angemessenem Umfang abzusetzen.

[629] BGH FamRZ 2022, 43 m. Anm. Witt; OLG Hamm FamRZ 2022, 1375 m. Anm. Borth.

cc) Tatsächliche Leistung

 

Rz. 836

Hierbei ist darauf zu achten, dass Vorsorgeaufwendungen auch tatsächlich geleistet werden.[631]

[631] Für private Altersvorsorge im Rahmen des Elternunterhalts: BGH v. 22.11.2006 – XII ZR 24/06, FamRZ 2007,193 und v. 28.2.2007 – XII ZR 37/05, FamRZ 2007, 793,795.

dd) Sekundäre Altersvorsorge

(1) Sekundäre Altersvorsorge beim Elternunterhalt

 

Rz. 837

Im Rahmen des Elternunterhalts/Aszendentenunterhalts werden einem selbstständigen erwerbstätigen Unterhaltsschuldner neben der primären Altersvorsorge weitere 5 % seines Bruttoeinkommens für eine zusätzliche private Altersvorsorge zugebilligt.[632]

 

Rz. 838

▪ Wahlrecht

Bei der Wahl der Vorsorge ist der Unterhaltsschuldner frei. Die Zulässigkeit einer privaten Altersvorsorge ist nicht auf die vom Gesetz angebotene Riester-Rente beschränkt. Auch andere Formen der Vorsorge, wie durch Ansammlung von Kapital, Immobilien usw. werden von der Rechtsprechung anerkannt. Sichert der Unterhaltsschuldner z.B. den Fortbestand seiner gegenwärtigen Lebensverhältnisse durch Sparvermögen o.Ä., muss ihm davon ein Betrag verbleiben, der sich aus der Anlage der ihm unterhaltsrechtlich zuzubilligenden zusätzlichen Altersvorsorge bis zum Renteneintritt ergibt. Hierbei wird vom BGH auch ein Betrag in Höhe von 91.700 EUR nicht beanstandet.[633]

(2) Sekundäre Altersvorsorge beim Ehegattenunterhalt

 

Rz. 839

In seiner Entscheidung vom 11.5.2005[634] hatte der BGH eine Berücksichtigung von weiteren 4 % des Gesamtbruttoeinkommens des Vorjahres in Anlehnung an den Höchstförderungssatz der Riester- Rente als angemessene zusätzliche Altersversorgung angesehen.

Nach Ansicht des BGH stellt sich die Notwendigkeit privater Altersvorsorge für jeden. Auch § 1578 Abs. 3 BGB sieht insoweit grundsätzlich vor, dass die Kosten einer angemessenen Altersabsicherung zum eheangemessenen Lebensbedarf gehören.

Eine Einschränkung ergibt sich, wenn vorrangig der Elementarunterhalt und der der primären Altersversorgung dienende Altersvorsorgeunterhalt für den Unterhaltsbedürftigen aufgebracht werden müssen.

 

Rz. 840

▪ Wahlrecht

Wie beim Elternunterhalt steht es dem Unterhaltspflichtigen frei, die Art der Altersvorsorge zu wählen (Immobilien, Kapital, Wertpapiere u.Ä.).

 

Rz. 841

 

Hinweis

Der Unterhaltspflichtige kann folglich im Rahmen der zulässigen Höchstgrenze von nicht nur 20 % sondern von weiteren 4 %/bzw. 5 % des Gesamtbruttoeinkommens bei Anschaffung eines Eigenheims zum mietfreien Wohnen im Alter nicht nur die Zinsen für Kreditverbindlichkeiten, sondern auch die Tilgungsanteile von seinem Unterhaltseinkommen absetzen.

 

Rz. 842

▪ Auswirkungen des Wahlrechts auf den Wohnvorteil

Entsprechend wirkt sich das Wahlrecht auf die Berechnung des dem Unterhaltschuldner zuzurechnenden Wohnvorteils aus. Nach den Urteilen des BGH v. 28.3.2007[635] und v. 5.3.2008[636] sind Tilgungsraten immer, also auch nach Rechtskraft der Scheidung zu berücksichtigen, soweit sich die Entschuldung der Wohnung als zusätzliche private Altersversorgung darstellt.[637]

[634] BGH – XII ZR 211/02ä, FamRZ 2005, 1817 m. Anm. Büttner.
[637] Vgl. auch hierzu Münch, Unterhaltsbilanz und Steuerbilanz, FamRB 2007, 150, 157; BGH FamRZ 2006, 387, 389 ff.

(3) Prüffolge

 

Rz. 843

Folgende Prüffolge ist zu beachten:

In welcher Form wird Altersvorsorge betrieben?
Ist die 20 % bzw. die weitere 4 %- oder 5 %-Grenze (beim Elternunterhalt) eingehalten worden?
 

Hinweis

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