Rz. 32

Zum 1.1.2016 wurde § 31a BRAO eingefügt, der zum 1.1.2018 eine weitere Anpassung erfuhr.[36] § 31a Abs. 1 S. 1 BRAO regelt(e) die Verpflichtung der BRAK zur Einrichtung eines empfangsbereiten beA für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer.

Zitat

§ 31a BRAO Besonderes elektronisches Anwaltspostfach

"(1) Die Bundesrechtsanwaltskammer richtet für jedes im Gesamtverzeichnis eingetragene Mitglied einer Rechtsanwaltskammer ein besonderes elektronisches Anwaltspostfach empfangsbereit ein.[37]"

(…)“

 

Rz. 33

Die zum 1.1.2016 geplante Öffnung der beAs wurde am 27.11.2015 zunächst aus technischen Gründen verschoben; im weiteren Verlauf kam es dann zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, die es der BRAK erst zum 28.11.2016 ermöglichte, die beAs freizuschalten. Denn über die Frage, was unter "einzurichten" zu verstehen ist, entbrannte ein Streit zwischen mehreren Anwälten und der BRAK, der schließlich im Dezember 2015 in gerichtlichen Verfahren vor dem Anwaltsgerichtshof in Berlin gipfelte. Die Antragsteller vertraten in diesen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Anwaltsgerichtshof in Berlin die Auffassung, dass ihr besonderes elektronisches Anwaltspostfach nicht ohne ihre Zustimmung empfangsbereit freigeschaltet werden darf. Die empfangsbereite Öffnung vor dem 1.1.2018 wurde als Eingriff in die in Art. 12 GG geregelten Grundrechte angesehen. Denn sofern die BRAK das beA der Antragsteller – wie für alle zugelassenen Anwälte in Deutschland – zwangsweise öffnen würde, könnten hier Zustellungen durch Gerichte und Anwaltskollegen erfolgen. Schlechte Reputation und Haftung des Anwalts, der mangels Erstregistrierung diese elektronische Post nicht zur Kenntnis nähme, so die Befürchtung der Antragsteller, drohten. Da aber erst zum 1.1.2018 in § 174 Abs. 3 S. 4 ZPO[38] die Verpflichtung geschaffen würde, dass Anwälte einen sicheren Übermittlungsweg für die Zustellung elektronischer Dokumente zu eröffnen haben, sei die vor dem 1.1.2018 geplante Empfangsbereitschaltung nicht vom gesetzlichen Auftrag in § 31a BRAO gedeckt.

 

Rz. 34

Die BRAK vertrat demgegenüber die Auffassung, dass mit dem Begriff des "Einrichtens" die Empfangsbereitschaft des beA ausnahmslos für alle zugelassenen Anwälte gemeint sei, und zwar unabhängig von einer etwaigen Erstregistrierung oder willentlichen Aktivierung des Accounts durch den Anwalt. Argument: Der Gesetzgeber wollte keine "toten Briefkästen". § 31a BRAO wurde schließlich vom Gesetzgeber noch um das Wort "empfangsbereit" ergänzt.

 

Rz. 35

Zitat

"Ohne eine passive Nutzungspflicht sind die mit der Einführung des besonderen elektronischen Anwaltspostfachs verfolgten Ziele aber nicht zu erreichen",

so der Gesetzgeber in der Begründung zur Änderung des § 31a BRAO zum 1.1.2018.[39] Auf die sich ergebenden Haftungsfragen bei fehlender Erstregistrierung wurde in der Literatur bereits früh hingewiesen. Sofern ein Anwalt aufgrund mangelnder beA-Karten-Bestellung und Erstregistrierung keine Kontrolle seines Posteingangs im beA vornehmen könnte, wurde hierin eine Obliegenheitspflichtverletzung des Anwalts gesehen.[40] Als denkbares haftungsträchtiges Szenario wurde die fehlende Kenntnisnahme einer Ladung zur Hauptverhandlung via beA angeführt.[41]

 

Rz. 36

Der Anwaltsgerichtshof gab, nachdem ein zunächst geschlossener Vergleich widerrufen worden war, am 6.6.2016 dem Antrag der Antragsteller statt. Diese einstweiligen Anordnungen hinderten somit die BRAK an der Öffnung des beA. Der Anwaltsgerichtshof forderte eine klare gesetzliche Regelung; er sah nicht, dass die BRAK berechtigt oder gar verpflichtet wäre, die beAs aller Anwälte in Deutschland ungefragt empfangsbereit freizuschalten.[42]

 

Rz. 37

Am 28.9.2016 ist zudem die Verordnung über die Rechtsanwaltsverzeichnisse und die besonderen elektronischen Anwaltspostfächer (Rechtsanwaltsverzeichnis- und -postfachverordnung – RAVPV[43]) weitgehend in Kraft getreten, in der in § 21 RAVPV die empfangsbereite unverzügliche Freischaltung des beAs für neu zugelassene Rechtsanwälte geregelt ist. Die RAVPV ist eine Unterverordnung zur BRAO; die entsprechende Ermächtigungsgrundlage ist in § 31c BRAO geregelt.

 

Rz. 38

§ 21 RAVPV wurde wie folgt vom Gesetzgeber begründet (lesenswert):

Zitat

"Die Einrichtung besonderer elektronischer Anwaltspostfächer erfolgt nach § 31a Absatz 1 Satz 1 BRAO durch die Bundesrechtsanwaltskammer auf der Grundlage des von ihr geführten Gesamtverzeichnisses. Um die zügige Einrichtung eines besonderen elektronischen Anwaltspostfachs zu ermöglichen, unterrichten die Rechtsanwaltskammern die Bundesrechtsanwaltskammer nach Satz 1 über die bevorstehende Eintragung von Personen in ihre Verzeichnisse, die dann aufgrund der im automatisierten Verfahren erfolgenden Übernahme der dortigen Inhalte auch in das Gesamtverzeichnis erfolgt."

Die Nutzung der besonderen elektronischen Anwaltspostfächer muss zeitnah mit dem Beginn der beruflichen Tätigkeit nach Aufnahme in die Rechtsanwaltskammer eröffnet sein. Daher muss die Bunde...

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