Rz. 73

Der Gesetzgeber will die Haftungsverhältnisse für die Angehörigen Freier Berufe i.S.v. § 1 Abs. 2 PartGG flexibilisieren und Unstimmigkeiten in Bezug auf § 8 Abs. 4 PartGG beseitigen.

§ 8 Abs. 4 PartGG neu hat folgenden Wortlaut:

 

Für Verbindlichkeiten der Partnerschaft aus Schäden wegen fehlerhafter Berufsausübung haftet den Gläubigern nur die Gesellschaft,[112] wenn die Partnerschaft eine zu diesem Zweck durch Gesetz vorgegebene Berufshaftpflichtversicherung unterhält. Für die Berufshaftpflichtversicherung gelten § 113 Absatz 3 und die §§ 114 bis 124 des Versicherungsvertragsgesetzes entsprechend. Der Name der Partnerschaft muss den Zusatz "mit beschränkter Berufshaftung"

oder die Abkürzung "mbB"

oder eine andere allgemein verständliche Abkürzung dieser Bezeichnung enthalten; anstelle der Namenszusätze nach § 2 Absatz 1[113] kann der Name der Partnerschaft mit beschränkter Berufshaftung den Zusatz "Part"

oder "PartG"

enthalten.

 

Rz. 74

Infolgedessen bestimmt § 107 Abs. 1 S. 2 HGB, dass eine Gesellschaft, deren Zweck die gemeinsame Ausübung Freier Berufe durch die Gesellschafter ist, eine OHG ist, wenn die Firma des Unternehmens in das Handelsregister eingetragen ist, "soweit das anwendbare Berufsrecht die Eintragung zulässt".

 

Rz. 75

Die Neuregelung des § 107 Abs. 1 S. 2 HGB eröffnet den Angehörigen Freier Berufe den Zugang zu den Rechtsformen einer Personenhandelsgesellschaft (OHG und KG) – insbesondere auch eine Rechtsformmischung in Gestalt einer Kapitalgesellschaft und Compagnie Kommanditgesellschaft[114] (z.B. einer GmbH & Co. KG).

 

Rz. 76

Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaften für Angehörige der Freien Berufe steht allerdings unter einem allgemeinen Berufsrechtsvorbehalt. Dieser stellt sicher, dass "die spezifischen Schutzbelange im Zusammenhang mit der Ausübung der einzelnen Freien Berufe von dem zuständigen Landes- oder Bundesgesetzgeber verfolgt werden können".[115]

Dies ermöglicht es dem bundes- (Rechtsanwälte, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer) oder landesgesetzlichen Berufsrecht (Ärzte, Zahn- und Tierärzte, Apotheker bzw. Architekten) zur Sicherung der fachlichen Unabhängigkeit den Zugang von Freiberuflern zu den Personenhandelsgesellschaften[116] bspw. "zusätzlich durch Vorgaben für die Kapitalbeteiligung von Personen [zu] beschränken, die nicht Berufsträger sind".[117]

 

Beachte:

Die Prüfung der berufsrechtlichen Voraussetzungen kann der Berufsaufsicht überantwortet werden. Sie muss "nicht im Einzelnen von den für die Führung der Handelsregister zuständigen Gerichten geleistet (…) werden".[118]

 

Rz. 77

§ 107 Abs. 1 S. 2 HGB – Öffnung des Zugangs der Personenhandelsgesellschaften für Freiberufler – macht die Partnerschaftsgesellschaft mit beschränkter Berufshaftung (PartGmbB) nicht gegenstandslos, da sich diese Rechtsformvariante (seit ihrer Einführung 2013) im "Rechtsmarkt" etabliert hat und es noch nicht absehbar ist, in welchem Umfang Freiberufler von der Möglichkeit des § 107 Abs. 1 S. 2 HGB Gebrauch machen werden (Konkurrenzverhältnis von PartGmbB, bei der die Haftungsbeschränkung nur in Bezug auf Berufsfehler wirkt, und GmbH & Co. KG).[119]

[112] Vormals: "das Gesellschaftsvermögen".
[113] Vormals: "§ 2 Absatz 1 Satz 1".
[114] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 110.
[115] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 110: Der aus der Vielgestaltigkeit der Freien Berufe folgende Schutzbedarf geht über die bisher im Partnerschaftsgesellschaftsgesetz schon vorgesehene Pflicht, eine Berufshaftpflichtversicherung zu unterhalten, hinaus und kann weitere Vorgaben umfassen.
[116] Dazu näher Uwer, Die Öffnung der Personenhandelsgesellschaft für Freiberufler in berufsrechtlicher Perspektive, ZGR-Sonderheft, 23 (2021), S. 87.
[117] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 110.
[118] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 110.
[119] RegE, BT-Drucks 19/27635, S. 110: Aufgrund der Rechtsformwahl (dazu näher Noack/Göbel, Die eingetragene Personengesellschaft zwischen Rechtsformwahl und Rechtsformzwang, GmbHR 2021, 569) können nämlich weitere Verpflichtungen einhergehen, z.B. Gewerbesteuerpflicht (§ 2 Abs. 1, § 5 Abs. 1 GewStG), Offenlegung des Jahresabschlusses (§ 264a i.V.m. § 325 HGB), Geltung der Regelungen über Handelsgeschäfte und Insolvenzantragspflicht (§ 15a InsO).

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