1. Ablösung

 

Rz. 443

Sind Immobilienwert und Bonität des übernehmenden Ehegatten ausreichend und verweigert die bislang finanzierende Bank die Entlassung des anderen Ehegatten aus dem Schuldverhältnis, kommt die Ablösung der Finanzierung durch eine andere Bank in Betracht.

 

Rz. 444

Ist die bisherige Finanzierung mit einem variablen Zins ausgestattet, entstehen aufgrund der kurzen Kündigungsfrist von drei Monaten keine Probleme (§ 489 Abs. 2 BGB). In der Regel werden aber Festzinsvereinbarungen zugrunde liegen.

 

Rz. 445

Sollte die Festzinsvereinbarung in Kürze enden, können die Darlehensnehmer gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit einer Frist von einem Monat frühestens für den Ablauf des Tages, an welchem die Zinsbindung endet, ordentlich kündigen.

 

Rz. 446

War eine Zinsbindung von mehr als zehn Jahren vereinbart, kann in jedem Fall zum Ablauf von 10 Jahren nach dem vollständigen Empfang des Darlehens unter Einhaltung einer Kündigungsfrist von sechs Monaten zum Ende der Zinsbindungsfrist ordentlich gekündigt werden (§ 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB).

 

Rz. 447

Beim Verkauf der Immobilie muss die Bank trotz Festzinsvereinbarung eine außerordentliche Kündigung der Kreditnehmer akzeptieren, in anderen Fällen kann sie es (§ 490 Abs. 2 BGB). In jedem Fall ist die Bank aber berechtigt, eine Vorfälligkeitsentschädigung (§ 490 Abs. 2 S. 3 BGB) zu verlangen. Ob und inwieweit der Wunsch nach Entlassung des anderen Ehepartners aus dem Darlehensvertrag bei Trennung und Ehescheidung ein berechtigtes Interesse i.S.v. § 490 Abs. 2 und damit eine zwingende Kündigungsmöglichkeit darstellt, bleibt künftiger Rechtsprechung vorbehalten. Das gilt auch für die übrigen denkbaren Fälle eines berechtigten Interesses der Kreditnehmer.[312] In der Praxis wird aber bei Uneinigkeit über die Entlassung eines Ehepartners aus dem Schuldverhältnis von manchen Banken die Kündigung durch die Schuldner gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung akzeptiert.

 

Rz. 448

Ist eine Erhöhung der bestehenden Finanzierung erforderlich, wird diese durch die bisherige Bank verweigert, jedoch eine neue (höhere) Gesamtfinanzierung von einer anderen Bank angeboten, besteht ein Anspruch auf vorzeitige Kündigung gegen eine angemessene Vorfälligkeitsentschädigung, weil § 1136 BGB nicht nur die Veräußerungsfreiheit, sondern auch die Belastungsfreiheit schützt.[313] Benötigt also der übernehmende Ehegatte zur Auszahlung des anderen Ehegatten ein weiteres Darlehen und wird ihm dieses von der bisherigen Bank nicht gewährt, wohl aber von einer anderen Bank verbindlich angeboten, kann hier durchaus Anspruch auf außerordentliche Kündigung gegen Vorfälligkeitsentschädigung bestehen.

 

Rz. 449

Die Möglichkeit, bei einer anderen Bank eine Neufinanzierung zu einem niedrigeren Zins abzuschließen, stellt grundsätzlich kein berechtigtes Interesse für eine außerordentliche Kündigung dar.[314] Würde diese Motivation Akzeptanz finden, verlöre die vertragliche Zinsbindung nicht nur jeden Sinn, sondern das System der taggenauen Refinanzierung und das Pfandbriefsystem schlechthin würden ihren Sinn verlieren.[315] Nach Auffassung des OLG Naumburg kann allerdings die gem. § 490 Abs. 2 BGB zur Kündigung berechtigende Notwendigkeit bestehen, zu niedrigeren Zinsen bei einer anderen Bank gegen Vorfälligkeitsentschädigung jedenfalls dann umzuschulden, wenn aufgrund wirtschaftlicher Notlage die Immobilie ohne die Umschuldung und die damit verbundene Zinsentlastung verkauft werden müsste und die Bank durch ein entsprechendes Schreiben und durch das Verhalten ihres Beraters ein schutzwürdiges Vertrauen dahin ausgelöst hatte, dass sie die Ablösung akzeptieren werde. Im konkreten Fall war eines von zwei Arbeitseinkommen weggefallen.[316] Es handelt sich hier allerdings gerade wegen des in die Interessenabwägung des Gerichts eingeflossenen Verhaltens der Bank um eine Einzelfallentscheidung.

[312] Erne in Claussen, § 5 Rn 27d.
[313] BGH – VI ZR 197/96.
[314] Palandt/Weidenkaff, § 490 Rn 6.
[315] OLG Naumburg NJW-RR 2007, 1278 und LG München WM 2004, 626.

2. Vorfälligkeitsentschädigung

 

Rz. 450

Wie erwähnt, ist in allen Fällen eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen, deren Höhe von der Restdauer der verbleibenden Zinsfestschreibung und der Differenz zwischen dem vertraglich vereinbarten Zins und dem aktuellen Marktzins abhängt. Die Vorfälligkeitsentschädigung unterliegt bei Immobilienkrediten nicht den Regeln des § 502 BGB, wie sich aus § 503 Abs. 1 BGB ergibt.

Die vorzeitige Ablösung eines Immobilienkredites mit Festzinsvereinbarung dient dem Ausgleich des Nachteils, der der finanzierende Bank durch die Nichtabnahme des Darlehens oder seine vorzeitige Ablösung entsteht. Dabei ist die Kreditgeberin in der Berechnung nicht etwa frei, sondern sie hat sich entweder der Aktiv/Aktiv-Methode oder der Aktiv/Passiv-Methode zu bedienen.[317]

[317] Erne in Claussen, § 5 Rn 27e, BGH – XI ZR 197/96, BGH – XI 267/96, heute geregelt durch § 490 Abs. 2 BGB.

a) Aktiv/Passiv-Methode

 

Rz. 451

Die Differenz zwischen Vertragszins und Wiederanlagezins ist festzustellen.
Kür...

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