Rz. 354

Dennoch sollen zum besseren Verständnis der Bandbreite des Einwirkens arbeitsrechtlicher Entscheidungen auf familienrechtliche Sachverhalte einige Punkte herausgegriffen werden.

1. Beschäftigungsverbot/Arbeitsunfähigkeit

 

Rz. 355

Bei einer Schwangerschaft während eines Arbeitsverhältnisses ist vielfach eine Abgrenzung zwischen einem Beschäftigungsverbot und krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit vorzunehmen.[267] Bei einem Beschäftigungsverbot besteht der Anspruch auf ungeschmälerte Gehaltszahlung – bei Arbeitsunfähigkeit "nur" der Anspruch auf Entgeltfortzahlung für die Dauer von 6 Wochen mit dann einsetzender Verpflichtung auf Zahlung von Krankengeld und einer Deckelung gem. § 44a S. 3 SGB V auf die Beitragsbemessungsgrenze (2014: EUR 48.600 brutto).

Hier sind die Auswirkungen für Arbeitnehmerinnen und Arbeitgeber erheblich, da auf Antrag des Arbeitgebers gegenüber der Krankenversicherung der Arbeitnehmerin gem. § 1 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 AAG ein Anspruch auf Erstattung des gesamten Mutterschutzgehaltes besteht – und zwar von Anfang an und in vollem Umfang also einschließlich der Arbeitgeberanteile auch zu vermögenswirksamen Leistungen und zur betrieblichen Altersversorgung (sog. U2-Verfahren). Eine Begrenzung des Erstattungsanspruchs auf die sozialversicherungsrechtlich relevante Beitragsbemessungsgrenze erfolgt nicht. Ebenfalls erfolgt – anders als bei der Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit – die Erstattung ohne Berücksichtigung der Anzahl der Beschäftigten.

[267] BSG, Beschl. v. 31.1.2014 – B 1 KR 23/13 B, n.v.; BAG FamRZ 2002, 1623, L.S. NZA 2002, 738.

2. Auskunftsverpflichtung des Arbeitgebers

 

Rz. 356

Weithin bei Arbeitgebern unbekannt ist die Möglichkeit des Gerichts, in einem Unterhaltsverfahren auf Antrag nach § 236 FamFG über die Höhe der Einkünfte des Arbeitnehmers Auskünfte und Belege anzufordern. Dies gilt auch gegenüber Versicherungsunternehmen und Finanzämtern. Nach § 390 ZPO kann diese Verpflichtung gegen dem Arbeitgeber oder dem sonstigen auskunftsverpflichteten Dritten – mit Ausnahme einer Behörde – mit Ordnungsgeld oder Ordnungshaft durchgesetzt werden. Eine oftmals nicht genutzte Möglichkeit um gerade an Tantieme- oder Zielvereinbarungen zu gelangen, wenn zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber Absprachen bestehen, Auszahlungen zu "stunden" und erst in Zukunft ggf. nach dem maßgeblichen Auskunftszeitraum oder in einem darauffolgenden Kalenderjahr zu realisieren. Dies muss nicht mit der vermeintlichen Unterhalts- oder Vermögenssituation zusammenhängen, sondern kann durchaus auf berücksichtigenswerten anderen Aspekten beruhen. So kann ein Grund sein, dass bei einem befristeten Arbeitsvertrag oder in Kenntnis, dass das Arbeitsverhältnis in einem der darauffolgenden Kalenderjahre durch Erreichen der Altersgrenze, vorzeitigem Ruhestand oder Teilzeitvereinbarungen endet oder umgestaltet wird, die steuerlichen und sozialversicherungsrechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten genutzt werden. Dies kann jedoch auch bei dem stichtagsbezogen Endvermögen erhebliche Auswirkungen haben.

3. Gehaltsermittlung

 

Rz. 357

Ansonsten ist bei der Ermittlung des Arbeitseinkommens die Steuerklassenwahl, Vergütungsbestandteile, insbesondere Firmenwagen, Zulagen, Urlaubsgewährung und Urlaubsabgeltung sowie Mehrarbeit zu beachten. Hier sind die familienrechtlichen Grundsätze zur Ermittlung des bereinigten Einkommens jedoch regelmäßig einschlägiger und es dürfte nur in Ausnahmefällen auf eine arbeitsrechtliche Sicht zurückzugreifen sein.

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