Rz. 5

Im Jahr 2013 wurden in Deutschland rund 169.800 Ehen geschieden. Auch wenn der Trend zu den Vorjahren damit leicht rückläufig war, werden nach den derzeitigen Scheidungsverhältnissen immer noch etwa 36 % aller in einem Jahr geschlossenen Ehen im Laufe der nächsten 25 Jahre geschieden. Die durchschnittliche Ehedauer beträgt 14 Jahre und 8 Monate,[4] sie umfasst mithin einen Zeitraum, in dem durchaus erhebliches Vermögen, aber auch Verbindlichkeiten aufgebaut werden können.

[4] Quelle: Statistisches Bundesamt zu Ehescheidungen, Wiesbaden 2014.

1. Anbahnung des Mandats

 

Rz. 6

Familienrechtliche Auseinandersetzungen sind regelmäßig von einer hohen persönlichen Betroffenheit geprägt. Für den Mandanten geht es meist um existentielle Fragen. Mit der Trennung der Beteiligten beginnt ein manchmal jahrelanger, teils emotional hoch belastender Lebensabschnitt, den es zu begleiten gilt. Dabei ist der Anwalt nicht nur juristischen Fragestellungen ausgesetzt. Auch die Beratung in den unterschiedlichsten Lebenslagen wird eingefordert. Sei es, ob der neue Lebenspartner das Haus überhaupt betreten darf, wer die Versicherungen weiter zahlt oder was aus dem gemeinsamen Konto, insbesondere dem darauf befindlichen Guthaben wird. Daraus folgen häufig auch Probleme aus anderen Rechtsbereichen. So kommt es mitunter im Streit zu Handgreiflichkeiten, so dass strafrechtliche Kenntnisse gefragt sind. Der Kredit wird nicht mehr bedient, so dass es einer raschen schuldrechtlichen Hilfe bedarf. Gemeinsames Personal wird aufgehetzt, die Zerschlagung eines ganzen Unternehmens droht; es gilt dann, Lösungen auch über das Gesellschaftsrecht zu finden. Gerade im Familienrecht ist daher ein Rechtsanwalt gefragt, der nicht nur zuhören kann, sich Zeit nimmt und erreichbar ist. Häufig gilt es aus der Masse der Informationen diejenigen herauszufiltern, die auch einer schnellen juristischen Lösung bedürfen, damit die Weichen für die Zukunft direkt richtig gestellt werden können.

 

Rz. 7

 

Praxistipp

In der Regel sollten neue Mandanten kurzfristig, am besten binnen ein bis zwei Tagen, einen Besprechungstermin erhalten. Nicht selten ist der Gesprächsbedarf derart hoch, dass auch aufgrund der bestehenden Anwaltsdichte bei Erstmandaten ohne Empfehlung die Wahl andernfalls auf den nächstbesten Anwalt fällt, der Hilfe bietet.

2. Informationserfassung

 

Rz. 8

Um die Informationen des Mandanten angemessen zu erfassen und das Verfahren fördern zu können, bedarf es zahlreicher Unterlagen. Dabei ist es bereits zu einem frühen Zeitpunkt unerlässlich, so umfassend wie nur möglich informiert zu werden. Geschieht dies erst im Verlauf des Mandats, wird dies die Qualität der Beratung und die zu treffenden Entscheidungen negativ beeinflussen.

 

Rz. 9

 

Praxistipp

Bereits bei der Terminsvergabe sollte der Mandant darauf hingewiesen werden, einen etwaigen Ehevertrag, Belege über Einkünfte und über Vermögen und Belastungen mitzubringen. Im Zweifel sollte lieber der ein oder andere Nachweis zu viel, als einer zu wenig in die Beratung einfließen. Fehlende Belege sollten zeitnah nachgereicht werden. Erfahrungsgemäß vermag ein Mandant bereits nicht zu benennen, ob z.B. die von ihm geschlossene Lebensversicherung rein kapitalbildend, oder mit einem Rentenwahlrecht ausgestattet ist. Eine seriöse Bewertung, ob die Lebensversicherung in den Versorgungsausgleich oder den Zugewinnausgleich fällt, ist ohne Einsichtnahme in die Versicherungsunterlagen schlichtweg nicht möglich. Zur Vermeidung unnötiger Haftungsrisiken sollte man sich keinesfalls allein auf die Einschätzung des Mandanten verlassen.

3. Umfang und Ziel des Mandats

 

Rz. 10

Eine Trennung mit allen ihren rechtlichen Folgen führt in der Regel zu einer Vielzahl von Bereichen, in denen die Tätigkeit als Anwalt gefordert ist. Ein Mandant überschaut die rechtlichen Folgen einer Trennung nicht. Über den Umfang eines Mandats kann der Mandant aber nur eine Entscheidung treffen, wenn ihm durch den Anwalt die rechtlichen Möglichkeiten, aber auch Notwendigkeiten dargestellt wurden. Es gilt daher bereits im ersten Beratungsgespräch sorgfältig zu sondieren, welchen Umfang das Mandat haben soll. Es muss also relativ schnell abgeklärt werden, welche potentiellen Folgesachen in Betracht kommen und in welchen der Mandant vertreten werden möchte oder nicht. Dieser Umfang kann selbstverständlich im Verlauf des Mandats weiter zu-, aber auch abnehmen. Da aber die Haftung des beratenden Anwalts soweit reicht wie der ihm erteilte Auftrag, ist hier bereits Sorgfalt geboten.

 

Rz. 11

Um eine Haftung für Angelegenheiten zu vermeiden, für die man überhaupt nicht mandatiert war, sollte stets der Umfang des Mandats festgehalten werden. Häufig geht ein Mandant davon aus, dass Dinge quasi automatisch bei Gelegenheit mit erledigt werden. Dem gilt es vorzubeugen. Ein Mandant ist auf die ihm eröffneten Möglichkeiten hinzuweisen. Aber auch auf den Umstand, dass ein Rechtsanwalt weisungsgebunden ist. Fehlt die Weisung, fehlt es auch an dem entsprechenden Auftrag.

 

Rz. 12

 

Praxistipp

Neben der Erteilung einer schriftlichen Vollmacht eignet sich auch eine...

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