Rz. 6

Das RVG wurde nach intensiver Beratung[5] im Jahre 2004 verabschiedet und zum 1.7.2004 in Kraft gesetzt. Wie nicht selten bei solch umfassenden Reformwerken bedurfte es der mehrfachen Nachsteuerung durch kleinere Gesetzesänderungen. Die letzte umfassende Reform[6] ist mit dem am 1.8.2013 in Kraft getretenen 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz (2. KostRMoG) umgesetzt worden.[7]

 

Rz. 7

Mit der Schaffung des RVG war die Hoffnung verbunden, dass es keiner regelmäßigen Anhebung der Gebühren mehr bedarf, weil die allgemeine Kostenentwicklung zu höheren Streitwerten und damit im Ergebnis auch zu höheren Gebühren führen werde. Diese Theorie hat der Praxis nicht standgehalten, so dass mit dem 2. KostRMoG in erster Linie eine ganz erhebliche Gebührensteigerung – im Schnitt um etwa 19 % – verbunden war. Die der Gebührenberechnung zugrunde liegenden und damit voneinander abzugrenzenden Angelegenheiten wurden weiter ausdifferenziert und Probleme in der Praxis einer Lösung zugeführt.

 

Rz. 8

Von besonderer Bedeutung für die Forderungseinziehung sind die Änderungen bei der Einigungsgebühr. Einerseits wurde anerkannt, dass der Rechtsanwalt diese auch bei einer isolierten Zahlungsvereinbarung erhält, d.h. ohne dass weitere Fragen einer Einigung zugeführt werden, andererseits wurde für diesen Fall der Streitwert auf 20 % des maßgeblichen Wertes gedeckelt, § 31b RVG.

 

Rz. 9

Auch wurde in Anm. 4 zu Nr. 1008 VV RVG klargestellt, dass die Schwellengebühr nach Nr. 2300 VV RVG bei der Vertretung mehrerer Personen keine Wirkung entfaltet, d.h. auch dann überschritten werden kann, wenn die Angelegenheit weder schwierig noch umfangreich ist.

 

Rz. 10

 

Beispiel

In einer Mietsache vertritt der RA die Eheleute F und M, die den RA auch beide beauftragt haben, um beim Mieter S die rückständigen Mieten für Februar und März 2017 in Höhe von jeweils 800,00 EUR anzumahnen und einzuziehen. Besondere Schwierigkeiten wirft die Sache nicht auf. Der RA erhält an Vergütung

Gegenstandswert: 2 × 800,00 EUR = 1.600,00 EUR

 
1,3 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG 195,00 EUR
0,3 Erhöhungsgebühr nach Nr. 1008 VV RVG 45,00 EUR
Post- und Telekommunikationspauschale nach Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
Zwischensumme netto 260,00 EUR
zuzüglich 19 % Umsatzsteuer nach Nr. 7008 VV RVG 49,40 EUR
Gesamtvergütung brutto 309,40 EUR
 

Rz. 11

Neu gefasst wurde die Vorbem. 3 Abs. 3 VV RVG und damit klargestellt, dass die Terminsgebühr aufgrund von Besprechungen zur Vermeidung eines gerichtlichen Verfahrens auch dann anfallen kann, wenn für das vermiedene gerichtliche Verfahren gar keine mündliche Verhandlung vorgesehen ist.

 

Rz. 12

 

Hinweis

Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung in Vorbem. 3.3.2 VV RVG entsteht die Terminsgebühr nach Maßgabe der Vorbem. 3 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 VV RVG i.V.m. Nr. 3104 VV RVG auch im Mahnverfahren. Wird also der RA mit der Durchführung des gerichtlichen Mahnverfahrens beauftragt, muss er nicht sofort den Mahnbescheid beantragen, sondern kann auch zunächst eine "letzte" Mahnung an den Schuldner übersenden. Meldet sich der Schuldner oder sein Bevollmächtigter darauf und wird eine gütliche Einigung unter Vermeidung des gerichtlichen Mahnverfahrens erzielt, so entsteht nicht nur die Einigungs-, sondern auch die Terminsgebühr.

 

Rz. 13

Mit dem 2. KostRMoG wurde auch die Deckelung des Gegenstandswertes für die Abnahme der Vermögensauskunft nach § 802c und § 802d ZPO von 1.500,00 EUR auf 2.000,00 EUR angehoben. Es fällt damit eine 0,3-Verfahrensgebühr von zumindest 45,00 EUR an.

 

Rz. 14

 

Hinweis

Ungeachtet der Anhebung bleibt allerdings festzustellen, dass die 0,3-Verfahrensgebühren für die Angelegenheiten der Zwangsvollstreckung bei sorgfältiger Informationsbeschaffung und unter Berücksichtigung der durch die ZVFV und die GVFV geschaffenen Komplexität kaum auskömmlich erscheinen. Nur bei einem hohen Grad an Automatisierung oder in Zusammenarbeit mit spezialisierten Dienstleistern kann der RA hier auf seine Kosten kommen.

 

Rz. 15

Bei den Auslagen haben sich auch Änderungen ergeben. So ist nun die Farbe bei Farb-Kopien statt Schwarzweiß-Kopien mit dem doppelten der allgemeinen Dokumentenpauschale im Spiel und die Datenübermittlung als Alternative zur Herstellung von schriftlichen Dokumenten auch vergütungsrechtlich zu betrachten. In solchen Kleinigkeiten bilden sich über das Jahr auch erhebliche Beträge, so dass die Auslagen nicht aus dem Blick geraten sollten.

 

Rz. 16

Unterliegt das anwaltliche Vertragsrecht vielfach den Bestimmungen des BGB, treffen die allgemeinen Bestimmungen des RVG doch besondere Regelungen. Der Vertrag zwischen dem RA und seinem Mandanten ist seiner Rechtsnatur nach ein Geschäftsbesorgungsvertrag mit Dienstleistungscharakter gem. §§ 675, 611 BGB. Mangels vertraglicher Abreden richtet sich seine Ausgestaltung daher nach dem Auftragsrecht, §§ 662 ff. BGB, sowie dem Dienstvertragsrecht, §§ 611 ff. BGB. Daneben trifft das RVG allerdings mit § 8 RVG für die Fälligkeit der Vergütung, mit § 9 RVG für den Vorschussanspruch und mit § 10 RVG für die Honorarab...

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