Rz. 1

Beim Scheitern einer Ehe gilt es, die aktiven und passiven Vermögensverflechtungen der Ehegatten aufzulösen. Das Familienrecht regelt zwar über den Versorgungsausgleich den Ausgleich des während der Ehe erworbenen Versorgungsvermögens. Der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft führt bei getrennten Vermögensgütern zu einem schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch und die Verteilung des Hausrates erfolgt über die §§ 1361a und 1361b BGB und die §§ 1568a und 1568b BGB. Um die Vermögensauseinandersetzung aber vollständig durchzuführen, sind in den meisten Fällen weitere Regelungen notwendig. Zwar regelt das Zivilrecht im 6. Titel des Vierten Buchs des BGB, insbesondere in den §§ 1363–1563 BGB das eheliche Güterrecht. Haben Ehegatten im häufig nicht mehr anzutreffenden Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt (§§ 1415 ff. BGB), wird die Auseinandersetzung bis auf das Vorbehaltsgut durch das Güterrecht in den §§ 1471 ff. BGB umfassend geregelt. War aber der Güterstand der Gütertrennung vereinbart, ist ein güterrechtlicher Ausgleich nicht möglich, auch wenn die Beibehaltung des Vermögenszustandes unzumutbar erscheint. Gleiches kann für den gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft und den seit dem 1.5.2013 neu eingeführten Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft (§ 1519 BGB) gelten. Der Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft orientiert sich am deutschen Güterstand der Zugewinngemeinschaft, enthält aber Besonderheiten aus dem französischen gesetzlichen Güterstand der Errungenschaftsgemeinschaft. Über den Zugewinnausgleich erfolgt nur die vermögensmäßige Auseinandersetzung des während der Ehe erworbenen Aktivvermögens. Die negativen vermögensrechtlichen Verpflichtungen werden nicht innerhalb des Familienrechts, sondern vor allem im Schuld- und Sachenrecht aufgelöst. Eine richtige Berechnung der Endvermögen ist aber erst nach der Entflechtung dieser negativ vermögensrechtlichen Positionen möglich. Das im Güterrecht zur Verfügung stehende Regelwerk ist mithin völlig unzureichend.

 

Rz. 2

Gerade diese Gesamtheit der vermögensrechtlichen Beziehungen regelt das Familienvermögensrecht. Es regelt sämtliche vermögensrechtliche Verflechtungen auf allen Rechtsgebieten über die Rechtsbeziehungen von Eheleuten und über das Güterrecht hinaus.[1] Dieser Bereich der Vermögensauseinandersetzung außerhalb der güterrechtlichen Regelungen wird dabei auch als Rechtsgebiet eigener Art[2] bzw. als eine neben dem Güterrecht zunehmend breiter werdende "zweite Spur"[3] des Vermögensausgleichs als sog. Nebengüterrecht bezeichnet.

 

Rz. 3

Das Nebengüterrecht umfasst dabei verschiedene Fallgruppen, die häufig in der Praxis anzutreffen sind. So stellt sich die Frage von gesamtschuldnerischen Verbindlichkeiten gegenüber einer Bank und die etwaig gebotene Durchführung des Gesamtschuldnerausgleichs. Es kann Miteigentum an einer Immobilie bestehen, was nach der Trennung häufig von einem allein nicht mehr getragen werden kann und daher veräußert werden muss. Oder die Partner haben gemeinsam ein Unternehmen aufgebaut und geführt. Es gilt dann die Auseinandersetzung über die Ehegatteninnengesellschaft durchzuführen. Häufig anzutreffen sind auch die Fälle von Kontenplünderungen in zeitlicher Nähe zur Trennung der Eheleute und der zum Teil erhebliche Ausgleich von Steuerschulden oder Erstattungen. Dies alles ohne oder neben dem Güterrecht.

 

Rz. 4

Nicht umsonst nimmt das Familienvermögensrecht angesichts steigender Scheidungsraten, bei häufig guten Vermögensverhältnissen der Beteiligten, aber auch bei regional stark ausgeprägt anzutreffender Verschuldung stetig an Bedeutung zu. Wobei unter den Begriff der Familie nicht nur die Familie im klassischen Sinne, als Einheit von verheirateten Eltern mit Kindern, verstanden wird. Selbstverständlich fällt auch eine Lebenspartnerschaft, eine nichteheliche Lebensgemeinschaft oder z.B. eine Verbundenheit allein durch Verwandtschaft hierunter. Genauso umfassend, wie der Begriff der Familie gefasst werden kann, sind auch die Regelungen des teils nicht normierten Familienvermögensrechts verstreut. Und auch die Fülle der ergangenen Rechtsprechung, die sich immer wieder verändert, macht die Besonderheit, aber auch die Schwierigkeit des Familienvermögensrechts aus.

[1] Klein, FamVermR, Kap. 1 Rn 2.
[2] Blaese, Das Bankguthaben der Ehegatten in der Vermögensauseinandersetzung, BRAK- Mitt 1997, S. 118.
[3] Schwab, Der Vermögensausgleich bei Trennung und Scheidung – ein unbeackertes Reformfeld des Gesetzgebers? in Elfter Deutscher Familiengerichtstag 1995, Brüsseler Schriften zum Familienrecht, Bielefeld 1996, S. 50.

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