Rz. 208

Auch im Rahmen des Güterstandes der Gütergemeinschaft kommen bei Ansprüchen auf Kindesunterhalt die Regeln nach §§ 1601 ff. BGB einschließlich der Vertretungsbefugnis nach § 1629 BGB uneingeschränkt zur Anwendung.

 

Rz. 209

Hinsichtlich der Durchsetzung des Unterhaltsanspruchs bestehen allerdings Besonderheiten. Bei Kindesunterhaltsansprüchen handelt es sich um Gesamtgutsverbindlichkeiten, für die die Ehegatten gemäß § 1459 Abs. 2 BGB persönlich gesamtschuldnerisch haften. Dies steht jedoch im Widerspruch zu § 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB, wonach beide Elternteile nur anteilig nach ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen haften, nicht gesamtschuldnerisch, und zu § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, demzufolge der betreuende Elternteil seine Verpflichtung zum Unterhalt durch Betreuung erfüllt, so dass prinzipiell nur der andere Elternteil den Barunterhalt zu erbringen hat. Aus dem Wesen der Gütergemeinschaft als Gesamthandsgemeinschaft folgt nunmehr, dass in Abweichung zu § 1606 Abs. 3 (Gleichwertigkeitsregel) letztlich beide Elternteile, somit auch der betreuende Elternteil, auf den gesamten Barunterhalt haften.

 

Rz. 210

Bei minderjährigen Kindern kann der betreuende Elternteil von dem anderen Elternteil verlangen, an der ordnungsgemäßen Verwaltung mitzuwirken und zu gewährleisten, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes sichergestellt wird (§§ 1435, 1451, 1472 BGB). Da jedoch das minderjährige Kind seine Lebensstellung und damit seinen Bedarf vom Einkommen des barunterhaltspflichtigen Elternteils ableitet,[167] richtet sich der Unterhaltsbedarf des Kindes nach den auf den barunterhaltspflichtigen entfallenden anteiligen Einkünften des Gesamtguts und eventuell weiteren Einkünften aus seinem Sonder- und Vorbehaltsgut.[168]

 

Rz. 211

Anders liegt der Fall bei volljährigen Kindern, die keine Rechte auf Mitwirkung bei der Verwaltung des Gesamtguts haben, sondern einen Zahlungsanspruch, der sich nach erfolgter Titulierung im Wege der Vollstreckung gegen das Gesamtgut richtet. Aufgrund der gesetzlichen Anteilshaftung beider Elternteile im Rahmen des Volljährigenunterhalts richtet sich der Lebensbedarf eines noch im Haushalt eines Elternteils lebenden volljährigen Kindes anhand der zusammengerechneten Einkünfte beider Eltern, mithin der gesamten Einkünfte des Gesamtguts und eventueller weitererEinkünfte aus den Sonder- und Vorbehaltsgütern.[169] Bei den auswärtig wohnenden Studenten richtet sich der Unterhaltsbedarf entsprechend den Sätzen der jeweils geltenden Leitlinien der Gerichte. Ist der Unterhalt aus dem noch vorhandenen Gesamtgut zu leisten, muss das volljährige Kind hinsichtlich des Anteils aus dem Gesamtgut gegen beide Elternteile vorgehen, da ansonsten keine Vollstreckung möglich ist (§ 743 ZPO).

 

Rz. 212

Da es sich um güterrechtliche Ansprüche handelt, ist das FamG zuständig. Die Ansprüche können im Scheidungsverbund geltend gemacht werden.[170]

 

Rz. 213

Auch die Durchsetzung der Unterhaltsansprüche in bestehender Gütergemeinschaft mittels Maßnahmen des vorläufigen Rechtsschutzes ist möglich. Der summarische Anspruch auf Unterhalt im Wege einstweiliger Anordnung kann ein Zahlungsgebot oder eine andere sachgemäße Mitwirkungshandlung sein (§§ 1451, 1420 BGB).[171]

[168] Wendl/Dose, § 5 Rn 420.
[170] OLG München, 4.6.1987 – 16 UF 690/87, FamRZ 1988, 1276.
[171] OLG München, 19.10.1995 – 12 WF 1025/95, FamRZ 1996, 557; vgl. zum Ganzen Wendl/Dose, § 6 Rn 423.

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