Rz. 202

Die gesetzlichen Vorschriften über den nachehelichen Unterhalt gelten unabhängig von dem früheren Güterstand, in dem die Beteiligten lebten.[159] Bis zur Scheidung fielen Einkünfte der Parteien in das Gesamtgut und waren vorrangig für den Unterhalt der Familie einzusetzen (§ 1420 BGB). Nach der Scheidung anfallendes Einkommen fällt nicht mehr in das Gesamtgut; es kann nach den allgemeinen Grundsätzen zugerechnet und verteilt werden. Der Unterhalt bestimmt sich also nach den allgemeinen Regeln.[160]

 

Rz. 203

Im Rahmen des nach den ehelichen Lebensverhältnissen zu bemessenden Unterhaltsanspruchs eines vormals in Gütergemeinschaft lebenden geschiedenen Ehegatten können bei der Bemessung der Leistungsfähigkeit des anderen Ehegatten nur diejenigen Einkünfte herangezogen werden, die während des Bestehens in das Gesamtgut fielen. Das nach Beendigung des Güterstandes dagegen dem unterhaltspflichtigen Ehegatten allein zustehende Erwerbseinkommen ist nicht mehr Bestandteildes (noch nicht auseinandergesetzten) Liquidationsgutes. Im Rahmen der Unterhaltsberechnung können aus dem Gesamtgut nicht gezogene Nutzungen dem Unterhaltspflichtigen nicht als fiktive Einkünfte zugerechnet werden, weil alle erzielbaren Einnahmen bis zur vollzogenen Auseinandersetzung in das Gesamtgut fallen, und bei der Auseinandersetzung beide Eheleute an solchen Einnahmen zu gleichen Teilen partizipieren (§§ 1474 ff. BGB).[161] Verbindlichkeiten, die im Rahmen der Auseinandersetzung des Gesamtguts zu berücksichtigen sind, und denen die Ausgaben deckende Vermögenswerte gegenüberstehen, stellen bei der Unterhaltsberechnung keinen Abzugsposten dar.[162] NachBeendigung der Gütergemeinschaft durch Scheidung besteht der Anspruch auf nachehelichen Unterhalt in Form eines Zahlungsanspruchs.

 

Rz. 204

Für den Fall, dass die Auseinandersetzung der Gütergemeinschaft nach der Rechtskraft der Scheidung noch nicht abgeschlossen ist, wird das Gesamtgut zum Liquidationsgut. Die Gütergemeinschaft wird bis zu ihrer endgültigen Auseinandersetzung als Liquidationsgemeinschaft fortgesetzt. Die Liquidationsgemeinschaft ist gegenüber der Gütergemeinschaft kein aliud, sie ist vielmehr mit ihr identisch, wenn auch auf einen anderen Zweck, nämlich auf Auseinandersetzung, gerichtet. Innerhalb dieser Liquidationsgemeinschaft bleibt das Gesamtgut gemeinschaftliche Vermögensmasse mit nach wie vor bestehender gesamthänderischen Bindung bis zum endgültigen Abschluss der Auseinandersetzung (§§ 1471 Abs. 2, 1419 BGB). Insoweit verändert sich der Zweck: Er besteht nicht mehr in der Gewinnerzielung und Sicherung des Unterhalts, sondern nur noch in der Auseinandersetzung des Liquidationsgutes.[163]

 

Rz. 205

Die Liquidationsphase kennt nunmehr drei Vermögensmassen:

das bisherige Gesamtgut als Liquidationsgut
das neu erworbene Vermögen des Ehemannes einschließlich seines bisherigen Vorbehalts- und Sondergutes, und
das neu erworbene Vermögen der Ehefrau einschließlich ihres bisherigen Vorbehalts- und Sondergutes.
 

Rz. 206

ZurErmittlung der Unterhaltsansprüche sind die Einkünfte des Ehemannes, die Einkünfte der Ehefrau sowie die Einkünfte des Gesamtguts zu ermitteln und heranzuziehen. Sämtliche Nutzungen, Früchte, Zinsen usw. des Gesamtguts fallen nach § 1473 BGB wieder in das Gesamtgut.[164] In Konsequenz hieraus ist im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Gesamtguts dem Unterhalt begehrenden Ehegatten der ihm zustehende Unterhalt zur Verfügung zu stellen,[165] dies entweder in Form einer monatlich bar zu zahlenden Unterhaltsrente, aber auch durch Zurverfügungstellung von Wohnraum, Naturalien etc.

 

Rz. 207

Wie auch beim Trennungsunterhalt handelt es hierbei um einen Anspruch auf Vornahme einer unvertretbaren Handlung, der nach § 888 ZPO zu vollstrecken ist. Ein Antragauf Mitwirkung nach § 1472 BGB kann auch darauf gerichtet sein, dass der frühere Ehepartner an dem Verkauf oder an der sonstigen Verwertung von Gegenständen mitwirkt, soweit dies zur Bereitstellung der Mittel für den Unterhalt erforderlich ist.[166]

[159] OLG München, 4.6.1987 – 16 UF 690/87, FamRZ 1988, 1276, OLG Nürnberg EzFamR aktuell 1993 [Nr. 17], S. 305, vgl. auch BayObLG, 30.07.2003 – 3Z BR 117/03, FamRZ 2004, 879.
[161] BGH, 9.5.1984 – IVb ZR 74/82, FamRZ 1984, 559.
[162] OLG Karlsruhe, 6.2.1996 – 18 UF 155/94, FamRZ 1996, 1414.
[163] Eingehend: Marion Klein, Handbuch Familienvermögensrecht, 2011 Rn 2554 ff.
[164] OLG Karlsruhe, 6.2.1996 – 18 UF 155/94, FamRZ 1996, 1414; eingehend: Marion Klein, Handbuch Familienvermögensrecht, 2011 Rn 2561; Wendl/Dose, § 6 Rn 416; Weinreich, FuR 1999, 49.
[165] Palandt/Brudermüller, § 1472 Rn 2.
[166] Vgl. Wendl/Dose, § 6 Rn 417.

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