Rz. 190

Der vor allem noch in Süddeutschland anzutreffende Güterstand der Gütergemeinschaft – rechtsdogmatisch ein System der Errungenschaftsgemeinschaft – ist tatsächlich ein "aussterbender" Güterstand. Er schützt – wie auch der gesetzliche Güterstand der Zugewinngemeinschaft – das in den Güterstand eingebrachte Vermögen, und verteilt das gemeinsam während des Güterstandes erarbeitete Vermögen nach dem Halbteilungsgrundsatz, ebenso wie beim gesetzlichen Güterstand entsprechend der nicht widerlegbaren Vermutung, dass beide Eheleute gleichmäßig zum Vermögensaufbau beigetragen haben.[144]

 

Rz. 191

Begründen Ehegatten den Vertragsgüterstand der Gütergemeinschaft, dann bleiben ihre jeweiligen Vermögensmassen (Aktiva und Passiva) nicht – wie im gesetzlichen Güterstand oder im Güterstand der Gütertrennung – selbständig nebeneinander bestehen, sondern sie verschmelzen ipso iure zum Gesamtgut (§ 1416 BGB). Einzige Ausnahme – und somit nicht zum Gesamtgut gehörend – sind Sondergüter (§ 1417 BGB) und Vorbehaltsgüter (§ 1418 BGB).[145] Die Vermögensverschmelzung hat zur Folge, dass Ehemann und Ehefrau regelmäßig in gleicher Weise bedürftig und leistungsfähig sind.

 

Rz. 192

Der Anspruch auf Trennungsunterhalt besteht auch für im Güterstand der Gütergemeinschaft lebenden Ehegatten.[146] Er bemisst sich auch in der Gütergemeinschaft gemäß § 1361 BGB nach den Lebensverhältnissen und den Erwerbs- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten. Die ehelichen Verhältnisse der Parteien können geprägt sein von dem Erwerbseinkommen der Eheleute, von mietfreiem Wohnen in einem zum Gesamtgut gehörenden Einfamilienhaus sowie von sonstigen Einkünften.[147]

 

Rz. 193

Der Unterhaltsbedarf ist zunächst – vor den Einkünften des Vorbehaltsguts – ausden in das Gesamtgut fallenden Einkünften zu decken.[148] Reicht das Erwerbseinkommen für den Unterhalt nicht aus, ist der Stamm des Gesamtgutes – vor dem Stamm des Vorbehaltsgutes oder des Sondergutes (§ 1420 BGB) – heranzuziehen[149] (z.B. Verkauf eines Grundstücks).

 

Rz. 194

§ 1420 BGB gilt unter den Voraussetzungen des § 1361 BGB und in dem dort bestimmten Umfang sowohl für den Familienunterhalt (§§ 1360 ff. BGB) auch für den Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB).[150]

 

Rz. 195

Nach § 1361 Abs. 4 S. 1 BGB ist der laufende Unterhalt durch Zahlung einer Geldrente zu gewähren. Bei Streit um Unterhalt im Rahmen der Gütergemeinschaft gelten Besonderheiten, die einem "normalen" Unterhaltsantrag im Wege stehen.[151] Während des Güterstandes der Gütergemeinschaft kann regelmäßig kein Ehegatte von dem anderen die Zahlung einer Geldrente (§ 1361 Abs. 4 Satz 1 BGB) verlangen, sondern der Unterhaltsgläubiger kann von dem anderen Ehegatten je nach Verwaltungsvereinbarung (§ 1451 BG) entweder (nur) Mitwirkung zu den Maßregeln verlangen, die zur ordnungsgemäßen Verwendung des Gesamtgutes für den Unterhalt erforderlich sind (Anspruch auf Mitwirkung an der Auszahlung eines angemessenen Unterhalts aus dem Gesamtgut als im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltungsmaßnahme),[152] oder aber seinen Unterhalt direkt aus dem Gesamtgut entnehmen, oder aber – in Ausnahmefällen – Zahlungsansprüche geltend machen. Aus einem Zahlungstitel könnte der Gläubiger nur in das Sonder- oder Vorbehaltsgut des unterhaltspflichtigen Ehegatten vollstrecken, das aber gerade nicht für den Unterhalt verwendet werden soll.[153]

 

Rz. 196

Der korrekte Antrag für ein Unterhaltsbegehren ist daher auf Zustimmung des anderen Ehegatten zu denjenigen Maßnahmen zu richten, die zur Deckung des angemessenen Unterhaltsbedarfs erforderlich sind. Wie diese Maßnahmen konkret ausgestaltet sind, hängt von den Umständen des Einzelfalles, insbesondere von der Gestaltung der Verwaltung des Gesamtgutes, ab. Besteht das Gesamtgut beispielsweise im Wesentlichen aus Konten, über die beide Eheleute nur gemeinsam verfügen können, so hat der berechtigte Ehegatte nur einen Anspruch darauf, dass der andere in die Verfügung einwilligt.

 

Rz. 197

 

Formulierungsbeispiel

Einwilligung zur Entnahme aus Gesamtgut

….wird beantragt,

dem Antragsgegner aufzugeben, darin einzuwilligen, dass der antragstellende Ehegatte dem Gesamtgut der Beteiligten für die Zeit ab … monatlich … EUR bis zum 03. Werktag eines jeden Monats sowie Unterhaltsrückstände für die Zeit vom … bis … in Höhe von …EUR entnimmt.

 

Rz. 198

Für den Fall, dass der Unterhaltsschuldner die für den Unterhalt maßgeblichen Teile des Gesamtgutes ausschließlich in seine Verfügungsmacht gebracht hat, sollte der Leistungsantrag wie folgt lauten:

 

Formulierungsbeispiel

….wird beantragt,

zu bewirken, dass der Antragsteller/die Antragstellerin für die Zeit ab … aus dem Gesamtgut der Beteiligten monatlich …EUR jeweils bis zum 3. Werktag eines jeden Monats erhält.

 

Rz. 199

Der Anspruch richtet sich auf die Vornahme einer unvertretbaren Handlung, die im Weigerungsfall durch Zwangsvollstreckung nach § 888 ZPO durch Anordnung von Zwangsgeld oder auch Zwangshaft erwirkt werden kann.[154]

 

Rz. 200

Der Unterhaltsanspruch kann nach § 1361 BGB jedoch anstelle eines Ansp...

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