Rz. 70

Durch die nach § 9 Abs. 1 S. 1 LPartG dem Lebenspartner eingeräumte Befugnis zur Mitentscheidung in Angelegenheiten des täglichen Lebens wird ihm ein Entscheidungsrecht zuerkannt, das dem einer Pflegeperson im Sinn des § 1688 Abs. 1 S. 1 BGB entspricht. Der Lebenspartner tritt in diesen Angelegenheiten daher auch als gesetzlicher Vertreter des Kindes auf, was aus Sinn und Zweck der Verweisung in § 9 Abs. 1 S. 2 LPartG auf § 1629 Abs. 2 S. 1 BGB folgt.[258]

 

Rz. 71

Nach letzterer Vorschrift ist eine Vertretung durch die Eltern ausgeschlossen, soweit nach § 1795 BGB auch ein Vormund von der Vertretung des Kindes ausgeschlossen ist, also insbesondere sog. In-Sich-Geschäfte oder Fälle vergleichbarer Interessenkollisionen vorliegen. Diese in § 1795 BGB geregelten Fallkonstellationen betreffen insgesamt Angelegenheiten von erheblicher Bedeutung. Eine Vertretung des Kindes durch den Lebenspartner ist in diesem Bereich jedoch bereits durch § 9 Abs. 1 S. 1 LPartG de facto ausgeschlossen.

 

Rz. 72

Die gesetzliche Vertretung des Kindes hinsichtlich der Alltagssorge ist auch im Außenverhältnis wirksam. Entsprechend § 1629 Abs. 1 S. 2 BGB vertreten die Lebenspartner das Kind gemeinschaftlich, soweit es sich nicht ohnehin um eine Angelegenheit der Alltagssorge handelt. In der praktischen Ausgestaltung bedeutet dies, dass sich der Arzt bei einer routinemäßigen Heilbehandlung[259] nicht erst der Zustimmung des sorgeberechtigten Lebenspartners versichern muss, sondern in der Regel annehmen darf, dass diese Behandlung im Einvernehmen der Lebenspartner erfolgt.[260] Denn es kann davon ausgegangen werden, dass eine solche Behandlung dem Kindeswohl dient. In Grenzfällen erscheint es gleichwohl angezeigt, dass sich der Lebenspartner von dem sorgeberechtigten Elternteil eine Bevollmächtigung erteilen – und der Arzt sich diese nachweisen – lässt.

[258] DNotI-Report 2001, 178, 179.
[259] BT-Drucks 14/3751, S. 39.
[260] Vgl. hierzu – auf Lebenspartner entsprechend anwendbar – BGH NJW 2010, 2430; OLG München FamRZ 2009, 2099; OLG Hamm ZKJ 2016, 107.

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