Rz. 67

Das Vorliegen einer Interessenkollision führt nach ständiger Rechtsprechung nicht zur Nichtigkeit der dem Rechtsanwalt erteilten Prozessvollmacht und der von ihm im Namen seiner Partei vorgenommenen Rechtshandlungen.[154] Dies hat auch das Kammergericht Berlin[155] in einer neueren Entscheidung mit einem erbrechtlichen Bezug bestätigt.

 

Beispiel

Die Rechtsanwältin R wurde von mehreren Miterben einer Erbengemeinschaft mandatiert.[156] R war dafür verantwortlich, die Erbfolge für ein Grundstück, welches in den Nachlass fiel, zu klären und etwaige noch unbekannte Miterben zu ermitteln. Später erfolgte die Teilungsversteigerung des Grundstücks durch die Miterben. Anschließend stritten die Miterben über die Verteilung des Erlöses. Die Kläger erhoben – unter Mitwirkung von R – Klage auf Zustimmung zu einem Teilungsplan, wobei streitgegenständlich war, ob die Anwaltsgebühren von R im Teilungsplan zu berücksichtigen sind. Die Parteien verglichen sich. Ein Beklagter trug im Weiteren aber vor, dass sich die Prozessbevollmächtigte R wegen Parteiverrats schuldig gemacht habe, da sie widerstreitende Interessen vertreten habe. Die Kläger seien deshalb mangels wirksamer Prozessvollmacht nicht wirksam vertreten worden. Das Kammergericht bezog sich in seiner Entscheidung auf die ständige Rechtsprechung, wonach die Prozessvollmacht abstrakt zu beurteilen sei und nicht durch Mängel des zugrundeliegenden Geschäftsbesorgungsvertrags berührt werde.[157] Im Übrigen lag nach der Ansicht des Kammergerichts, das dem Interessengegensatz noch ein objektives Verständnis zugrunde legte, eine Interessenkollision nicht vor. Die Klärung der Erbfolge – hier durch die Ermittlung der Erben – steht nicht im Interessengegensatz zu einer späteren Auseinandersetzung der Erben.[158]

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