1. Unternehmensgröße

 

Rz. 24

Die Beteiligungsrechte des § 111 ff. BetrVG bestehen nur, wenn in dem Unternehmen in der Regel mehr als 20 wahlberechtigte Arbeitnehmer beschäftigt werden. Es ist hierbei nicht auf die im jeweiligen Betrieb vorhandene Anzahl von Arbeitnehmern abzustellen,[18] sondern auf den Unternehmensbezug. Damit wird sichergestellt, dass auch in sehr kleinen Betrieben die Beteiligungsrechte nicht leerlaufen, wenn diese zu größeren Unternehmen gehören. Der maßgebliche Beurteilungszeitpunkt, ob die relevante Schwelle überschritten ist, ist nicht der Zeitpunkt der letzten Betriebsratswahl, sondern der Zeitpunkt, an dem durch die unternehmerische Entscheidung die Beteiligungsrechte nach § 111 BetrVG ausgelöst werden.[19]

[18] So die Rechtslage bis zum Betriebsverfassungsreformgesetz.
[19] Vgl. BAG v. 22.2.1983 – 1 AZR 260/8, BAGE 42, 1.

2. Begriff: "in der Regel beschäftige Arbeitnehmer"

 

Rz. 25

Nach dem Gesetzeswortlaut kommt es auf die Zahl der "in der Regel" beschäftigten Arbeitnehmer an. Maßgeblich ist damit die regelmäßige Beschäftigtenzahl vor Beginn der Betriebsänderung. Hinsichtlich der beschäftigten Arbeitnehmer ist abzustellen auf § 5 Abs. 1 BetrVG i.V.m. § 7 BetrVG. Somit ist die konkrete Ausgestaltung der einzelnen Arbeitsverhältnisse unerheblich. Die Berechnung erfolgt nach Kopfzahlen, wobei auch Teilzeit- und Vollzeitarbeitnehmer gleich zu werten sind. Die nur einschränkende Berücksichtigung der Teilzeitbeschäftigten, die in andere Gesetze aufgenommen wurde (vgl. z.B. § 23 Abs. 1 KSchG), wurde in das BetrVG nicht übernommen. Auch muss kein Arbeitsvertrag bestehen. Es genügt, dass es sich um wahlberechtigte Arbeitnehmer handelt. Folglich zählen auch überlassene Arbeitnehmer, vor allem Leiharbeitnehmer, wenn sie länger als 3 Monate in dem Betrieb eingesetzt werden und damit nach § 7 S. 2 BetrVG wahlberechtigt sind, bei der Ermittlung des Schwellenwertes mit. Da diese, ebenso wie die betriebszugehörigen Arbeitnehmer, Arbeitsplätze besetzen und dem Weisungsrecht des Entleihers unterliegen, macht es für die Bestimmung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit eines Unternehmens keinen Unterschied, ob die Arbeitsplätze mit eigenen Arbeitnehmern oder Leiharbeitnehmern besetzt sind.[20]

 

Rz. 26

Nicht vom Arbeitnehmerbegriff umfasst sind die in § 5 Abs. 2 und 3 BetrVG genannten Personen, also Gesellschafter, mithelfende Familienangehörige und leitende Angestellte. Die Arbeitnehmer müssen "in der Regel" in dem von der Betriebsänderung betroffenen Unternehmen beschäftigt werden. Es kommt damit auf den regelmäßigen und nicht nur vorübergehenden Zustand an. Abzustellen ist auf die Arbeitnehmerzahl, die für den Betrieb im Allgemeinen kennzeichnend ist.[21] Damit ist sowohl die Belegschaftsstärke in der der Betriebsänderung vorausgehenden Zeit zu berücksichtigen als auch eine Prognose für die weitere Entwicklung des Betriebes, jedoch unter Außerachtlassung der Betriebsänderung an sich, vorzunehmen. Ergibt diese wertende Gesamtwürdigung die Überschreitung der Schwelle, sind die Beteiligungsrechte gegeben. Soll der Betrieb stillgelegt werden, ist natürlich nur die Rückschau auf die bisherige Belegschaftsstärke sinnvoll.[22] Insofern kommt es bei der Ermittlung der normalerweise im Unternehmen beschäftigten Arbeitnehmer auf die Zahl der im Unternehmen vorhandenen und normalerweise besetzten Arbeitsplätze an. Sind Arbeitnehmer längerfristig abwesend, z.B. in Elternzeit oder längerfristig erkrankt, so sind diese gleichwohl mitzuzählen. Andererseits sind jedoch die vertretungsweise konkret für diese Beschäftigten eingestellten Arbeitnehmer nicht mitzuzählen. Es kommt nur auf den tatsächlichen Arbeitsplatz an. Dieser ist nicht doppelt vorhanden. Aushilfen und befristet Beschäftigte sind in dem Umfang zu berücksichtigen, wie sie üblicherweise im Betrieb beschäftigt werden. Bei befristet beschäftigten Arbeitnehmern, die nur zeitweilig zum Einsatz kommen, ist darauf abzustellen, ob sie normalerweise während des größten Teils eines Jahres beschäftigt werden.[23] Handelt es sich dagegen um einen ­Betrieb, der ohnehin nur saisonal tätig ist (auch Kampagnenbetrieb), so ist stets auf die Beschäftigtenzahl während dieser Kampagne abzustellen.[24]

 

Rz. 27

 

Hinweis

Sofern eine Betriebsänderung in mehreren Schritten durchgeführt wird und sich über einen längeren Zeitraum erstreckt, wird häufig von Arbeitgeberseite das Argument bemüht, die letzte Maßnahme sei kein Teil der Gesamtplanung mehr, sondern eine neue Betriebsänderung. Da aufgrund der vorgelagerten Maßnahmen der Schwellenwert nicht mehr erreicht wird, müsse für die letzten noch verbliebenen Arbeitnehmer auch kein ­Interessenausgleich versucht und kein Sozialplan abgeschlossen werden.

Beachte daher: Handelt es sich um eine einheitliche, lediglich in mehreren Schritten durchgeführte Maßnahme, dann ist stets auf den Zeitpunkt abzustellen, an dem die unternehmerische Entscheidung getroffen wurde. Somit sind auch die letzten ­Maßnahmen, wenn der Schwellenwert unterschritten ist, noch vom Beteiligungsrecht erfasst. Im Einzelfall kann hier der Nachwe...

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