Rz. 6

Ein Vollmachtgeber, der anwaltliche Beratung sucht, wird in der Regel alle Informationen über die erteilten Vollmachten bereithalten können bzw. die fehlenden oder abhanden gekommenen Unterlagen leicht besorgen können.[3]

Die Erben wissen zwar in den meisten Fällen, wer bevollmächtigt wurde und im Verdacht steht, eigenmächtig gehandelt zu haben, gleichwohl sind Kopien der Vollmachtsurkunden nicht immer im Nachlass auffindbar.

Schließlich gibt es die Fälle, in denen mangels persönlicher Nähe die Erben nicht wissen, wer vom Erblasser mit der Wahrnehmung der Vermögenssorge beauftragt worden ist.

 

Rz. 7

Der Rechtsanwalt sollte bei unklaren Vollmachtsverhältnissen für den Mandanten das Bestehen von Verfügungen recherchieren, wofür in der Regel ein gesondertes Honorar zu vereinbaren ist.

 

Rz. 8

Die Vertretung von Erben setzt deren ordnungsgemäße erbrechtliche Legitimation voraus, z.B. durch einen erteilten Erbschein.[4]

An folgende Personen und Institutionen kann man sich zur Recherche wenden.

[3] So werden Banken oder der Notar ohne weiteres Auskünfte über die erteilten Vollmachten geben können. Probleme kann es nur geben, wenn der Vollmachtgeber dem Bevollmächtigten eine von diesem vorbereitete Vollmacht unterschrieben hat, ohne im Besitz einer Zweitschrift zu sein. Dann steht dem Vollmachtgeber ein Herausgabeanspruch nach § 175 BGB zu.
[4] Neben einem Erbschein reicht analog § 35 Abs. 1 GBO die Abschrift eines notariellen Testaments mit Eröffnungsniederschrift. Bei Banken findet sich in den AGB regelmäßig folgende Legitimationsregelung: "Nach dem Tod des Kunden kann die Bank zur Klärung der Verfügungsberechtigung die Vorlegung eines Erbscheines, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder weiterer hierfür notwendiger Urkunden verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Bank in deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Bank kann auf die Vorlage eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift der letztwilligen Verfügung (Testament, Erbvertrag) nebst zugehöriger Eröffnungsniederschrift vorgelegt wird. Die Bank darf denjenigen, der darin als Erbe oder Testamentsvollstrecker bezeichnet ist, als Berechtigten ansehen, ihn verfügen lassen und insbesondere an ihn mit befreiender Wirkung leisten. Dies gilt nicht, wenn der Bank bekannt ist, dass der dort Genannte (z.B. nach Anfechtung oder wegen Nichtigkeit des Testaments) nicht verfügungsberechtigt ist, oder wenn ihr dies in Folge Fahrlässigkeit nicht bekannt geworden ist."

1. Persönliches Umfeld des Vollmachtgebers

 

Rz. 9

Falls der Vollmachtgeber sich nicht mehr artikulieren kann oder bereits verstorben ist, kann das persönliche Umfeld befragt werden, ob es Personen gibt, die beim Vollmachtgeber ein und aus gingen und denen er anscheinend besonderes Vertrauen entgegenbrachte. Ist der Vollmachtgeber verstorben und hatten die Erben nur wenig Kenntnis vom Sozialleben des Erblassers, gibt es für die Suche nach möglichen Bevollmächtigten folgende Anknüpfungspunkte.

Die Befragung von Nachbarn, dem Pflegepersonal (besonders in Pflegeheimen), dem Hausmeister und anderen Personen aus dem häuslichen Umfeld des Erblassers gibt in aller Regel einen ersten Anhaltspunkt für die Art und Intensität von Kontakten.

Eine Überprüfung von E-Mails, Telefonlisten im Handy und Adressbüchern des Erblassers sollte in einem zweiten Schritt unternommen werden. Viele Menschen können alte Freundschaften oft nur noch über das Telefon pflegen. Hier anzurufen ist jeden Versuch wert, weil diese alten Freunde oft viel mehr wissen als die eigene Familie und genauer Auskunft über die Gewohnheiten des Erblassers geben können.

 

Hinweis

Auf Computern und Mobiltelefonen sind oft wichtige Kontaktdaten enthalten, die man auswerten kann. Auch Telefonrechnungen mit Einzelverbindungsnachweisen können aufschlussreich sein.

War der Erblasser in sozialen Netzwerken wie Facebook oder WhatsApp unterwegs, können auch diese Daten aufschlussreich sein, wenn sich Wortwechsel auf Vermögensangelegenheiten beziehen.[5]

 

Rz. 10

Bei Vereinsmitgliedschaften kann man beim Vorstand oder anderen Vereinsmitgliedern anrufen und sich erkundigen, mit wem der Erblasser besonders viel Kontakt hatte.

Kondolenzschreiben sind eine weitere Erkenntnisquelle, der man nachgehen kann.

Wer als Rechtsanwalt das Umfeld des Erblassers erkunden will, sollte entsprechende Telefonate und Gespräche mit einigem Fingerspitzengefühl angehen.

 

Rz. 11

 

Hinweis

Beim Stichwort "Rechtsanwalt" reagieren viele Menschen argwöhnisch und befürchten diffuse Schwierigkeiten. Daher sollte man einen freundlichen Ton anschlagen und betonen, dass da noch einige offene Fragen zu klären seien und man für jeden Hinweis dankbar sei. Auf keinen Fall sollte man Dritten gegenüber darlegen, welche rechtlichen Schritte man gegen wen durch alle Instanzen führen werde. Außer der Problematik des nicht gewahrten Mandatsgeheimnisses besteht auch Ungewissheit, ob Dritte nicht die Bevollmächtigten warnen können und so Beweismittel verloren gehen.

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