Rz. 208

Die Haftungsverteilung zutreffend vorzunehmen, ist ein schwieriges Kapitel anwaltlichen Abschätzungsvermögens. Dazu gehört eine gewisse Erfahrung, und wer diese (noch) nicht besitzt, kann sich der hierzu vorliegenden Literatur bedienen.

 

Rz. 209

Einerseits ist es ungeschickt und mindert das Ansehen als Fachmann bei Versicherer und Gericht, mit 100-%-Quoten "drauflos" zu regulieren oder zu klagen. Andererseits gilt: "Wer nichts wagt, der nichts gewinnt", und Zähigkeit bei der Regulierung sowie mutige Klageerhebung zahlen sich oft aus.

 

Rz. 210

Wichtig ist, dass die anwaltliche Erstprognose im Innenverhältnis zum Mandanten möglichst zutreffend sein muss (siehe obiger Ausgangsfall, vgl. Rdn 5: Haftungsverteilung vermutlich nur ⅓ zu ⅔ zugunsten des Mandanten!). Dieses ist wichtig, um dem Mandanten die erforderlichen Tipps und Ratschläge für die weiteren finanziellen und wirtschaftlichen Dispositionen geben zu können.

 

Rz. 211

Aus der Unfallschilderung des Mandanten, aufgrund der zuvor geschilderten Vermeidbarkeitsbetrachtungen des Anwaltes und den aus der in der vorgenannten Literatur zitierten Rechtsprechung gewonnenen Erkenntnissen lassen sich die erforderlichen Erstprognosen für die Haftungsverteilung meist schon zutreffend gewinnen.

 

Rz. 212

 

Tipp

Nichts ist unangebrachter, als gebotene Vorsicht durch ungerechtfertigten Mut zu ersetzen, d.h. den Mandanten anfangs in der Sicherheit einer 100-%-Haftung zu wiegen und diese Prognose dann später revidieren oder zumindest relativieren zu müssen. Am besten sollte dem Mandanten anfänglich eine möglichst vorsichtige Haftungsprognose gestellt werden, da sich Genaueres ja ohnehin erst nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte sagen lässt.

 

Rz. 213

Wenn eine Mithaftung zu erwarten ist, kann z.B. Vorsicht bei der Inanspruchnahme eines Mietwagens geboten sein, die Erstellung eines teuren Sachverständigengutachtens bedacht oder aber auch die Frage der Inanspruchnahme der Kaskoversicherung (z.B. wegen der Anwendung des Quotenvorrechtes – siehe dazu § 6 Rdn 1 ff.) erörtert werden müssen.

 

Rz. 214

Ein anfänglicher Beratungsfehler ist später meist nicht mehr zu revidieren, sodass nur zu größter Sorgfalt bei der Quotenermittlung geraten werden kann.

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