Rz. 223

Das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) in der seit dem 1.1.1999 geltenden Fassung gilt für alle Arbeitnehmer, die zum Zeitpunkt der Kündigung mehr als sechs Monate (sog. Wartezeit) beschäftigt sind und in deren Betrieb mehr als zehn (bis zum 31.12.2003: mehr als fünf) Arbeitnehmer beschäftigt sind.

 

Rz. 224

 

Hinweis

Bei der Ermittlung der Wartezeit rechnen zwar etwaige Zeiten einer vorausgegangenen Ausbildung im Betrieb mit, nicht jedoch Zeiten eines sog. Eingliederungsverhältnisses nach §§ 229 ff. SGB III a.F.[246]

 

Rz. 225

In Folge der Gesetzesänderung zum 1.1.2004 wurde der Schwellenwert des § 23 KSchG (sog. Kleinbetriebsgrenze) von fünf auf zehn Arbeitnehmer erhöht. Erst bei Überschreiten dieser Anzahl kommt das Kündigungsschutzgesetz in vollem Umfange zur Geltung, wobei die Berechnung durchaus zur Recherche- und Mathematikaufgabe werden kann. Auszubildende bleiben außer Betracht und teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer sind anteilmäßig zu berücksichtigen. Für Arbeitnehmer, die Bestandsschutz nach der bis zum 31.12.2003 geltenden Altregelung haben, verbleibt es zunächst bei der Grenze von i.d.R. mehr als fünf Arbeitnehmern.

 

Rz. 226

Für ab dem 1.1.2004 eingestellte Arbeitnehmer ist die Gesamtmitarbeiterzahl von mehr als zehn maßgebend, während für die bereits zuvor beschäftigten Alt-Arbeitnehmer es bei lediglich i.d.R. mehr als fünf verbleibt. Im Ergebnis ist somit ab dem 1.1.2004 in vielen Betrieben eine Zweiklassengesellschaft mit unterschiedlichem Kündigungsschutz entstanden. Dies ist nach wie vor gerade dann umso problematischer, wenn zwar mehr als fünf Mitarbeiter vorhanden sind, aber weniger als zehn. Dann genießen nämlich die einen Kündigungsschutz und die anderen nicht.

 

Rz. 227

Zunächst war daher umstritten, ob für die Alt-Arbeitnehmer nur solange der Kündigungsschutz nach alter Rechtslage (Schwellenwert: fünf Mitarbeiter) besteht, wie auch tatsächlich noch mehr als fünf von ihnen im Betrieb vorhanden sind oder aber, ob sie ihren Kündigungsschutz auch dann behalten, wenn ihre Zahl zwar unter die Zahl fünf fällt, aber für ausgeschiedene Alt-Arbeitnehmer Ersatz-Einstellungen vorgenommen werden, so dass es insgesamt bei mehr als fünf Arbeitnehmern im Betrieb verbleibt.

 

Rz. 228

Das BAG hat mit Urt. v. 21.9.2006[247] klargestellt, dass Alt-Arbeitnehmer in Kleinbetrieben nur solange Bestandsschutz genießen, wie auch tatsächlich noch mehr als fünf von ihnen im Betrieb beschäftigt sind. Wie bereits die beiden Vorinstanzen (ArbG Hamburg und LAG Hamburg), stellte das BAG eindeutig fest, dass die Alt-Arbeitnehmer keinen Kündigungsschutz mehr genießen, sobald ihre Anzahl auf fünf oder weniger absinkt. Auch für die Alt-Arbeitnehmer gilt dann der neue gesetzliche Schwellenwert von zehn. Sobald also ein Alt-Arbeitnehmer ausscheidet und hierdurch die Zahl der Alt-Arbeitnehmer im Betrieb auf fünf oder weniger absinkt, verlieren auch alle Verbleibenden sofort den Kündigungsschutz. Das BAG begründet dies damit, dass die Berücksichtigung der Ersatz-Einstellungen weder nach dem Wortlaut noch nach dem Sinn und Zweck des maßgeblichen § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG geschützt sei.

 

Rz. 229

Für die Feststellung der Zahl der i.d.R. Beschäftigten kommt es auf die Verhältnisse im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung, nicht hingegen auf den Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, an.[248] Da § 23 Abs. 1 S. 2 KSchG für die Ermittlung der Betriebsgröße auf die Zahl der i.d.R. beschäftigten Arbeitnehmer abstellt, ist die Beschäftigungslage maßgebend, die im Allgemeinen für den Betrieb kennzeichnend ist. Eine zufällige tatsächliche Beschäftigtenzahl zum Zeitpunkt des Kündigungszugangs ist unbeachtlich. Deshalb bedarf es zur Feststellung der regelmäßigen Beschäftigtenzahl grundsätzlich eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke des Betriebs und einer Einschätzung seiner zukünftigen Entwicklung, wobei Zeiten außergewöhnlich hohen oder niedrigen Geschäftsanfalls nicht zu berücksichtigen sind.[249]

 

Rz. 230

Im Betrieb eingesetzte Leiharbeitnehmer sind bei der Bestimmung der Betriebsgröße nach § 23 Abs. 1 S. 3 KSchG mitzuzählen, soweit mit ihnen ein regelmäßiger Beschäftigungsbedarf abgedeckt wird. Maßgebend ist die Beschäftigungslage, die im Allgemeinen für den Betrieb kennzeichnend ist. Dies gilt auch mit Blick auf Leiharbeitnehmer. Es kommt nicht auf die zufällige tatsächliche Anzahl der Beschäftigten im Zeitpunkt des Kündigungszugangs an. Es bedarf vielmehr eines Rückblicks auf die bisherige personelle Stärke des Betriebs und einer Einschätzung seiner zukünftigen Entwicklung; Zeiten außergewöhnlich hohen oder niedrigen Geschäftsanfalls sind dabei nicht zu berücksichtigen.[250]

 

Rz. 231

Noch vor einigen Jahren hatte das BAG detailliert begründet, weshalb Leiharbeitnehmer keine Arbeitnehmer des Entleiherbetriebes sind und sie nicht mitzuzählen seien, wenn es um die Zahl der nach dem BetrVG zu wählenden oder von der Arbeit freizustellenden Betriebsratsmitglieder geht.[251]

 

Rz. 232

Offenbar sieht das BAG die Dinge nun anders und liegt d...

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