Rz. 176

Wenn ein Rechtsanwalt sich ggü. seinem Auftraggeber zur Buchführung oder -prüfung verpflichtet, ist grds. kein echter Anwaltsvertrag geschlossen.[452] In den dazu veröffentlichten Entscheidungen wird danach abgegrenzt, ob die dem Rechtsanwalt eigene Aufgabe, rechtlichen Beistand zu leisten, im Vordergrund steht oder ob es sich um Arbeiten handelt, die i.d.R. oder doch in erheblichem Umfang auch von anderen Personen berufsmäßig wahrgenommen werden und deshalb nicht zum typischen Aufgabengebiet des Rechtsanwalts gehören (allgemein zu den Abgrenzungskriterien vgl. Rdn 162 ff.). Vor dem Hintergrund der neueren Rechtsprechung zur Abgrenzung zwischen echtem und unechtem Anwaltsvertrag erscheint allerdings fraglich, ob ähnliche Sachverhalte heute noch genauso beurteilt würden.

 

Rz. 177

Der BGH hat ausgeführt, dass die kaufmännische Buchführung keine typische Tätigkeit eines Rechtsanwalts sei. Dabei könnten zwar vereinzelt auch Rechtsfragen auftreten. Das Wesentliche der Buchführung liege nicht in der rechtlichen Beratung, sondern in außerrechtlichen Aufgaben. Auch der Jahresabschluss (die Bilanz) gehöre, soweit er von dem mit der Buchhaltung Betrauten erstellt wird, seinem Wesen nach noch zur Buchführung. Zwar könnten hier öfter Rechtsfragen auftreten als bei der laufenden Buchführung. Sie bildeten aber nicht notwendig einen so erheblichen Teil der Tätigkeit bei der Fertigung des Jahresabschlusses durch den Buchführenden, dass sie der Gesamttätigkeit (Buchführung einschließlich Jahresabschluss) das typische Gepräge einer anwaltlichen Tätigkeit geben würden. Auch wenn der Rechtsanwalt später zur finanzamtlichen Betriebsprüfung zugezogen werde, handele es sich nicht um eine wesensmäßig anwaltliche Tätigkeit.[453]

 

Rz. 178

An das vorbezeichnete Urteil anknüpfend hat der BGH weiterhin entschieden, dass zwar die Aufgabe, Steuerbilanzen und -erklärungen zu errichten, überwiegend auf rechtlichem Gebiet stehe. Die damit mehr oder weniger zwangsläufig verbundene Aufgabe, auch die Buchführung des Auftraggebers zu kontrollieren, stehe dem ggü. im Hintergrund. Eine von der laufenden Steuerberatung gesondert in Auftrag gegebene Unterschlagungsprüfung, die allein auf die "detektivische" Ermittlungstätigkeit zur Feststellung von Tatsachen ziele und bei der nicht die Fachkenntnisse eines Rechtsanwalts, sondern lediglich Kenntnisse auf dem Gebiet der Buchhaltung und -prüfung einzusetzen seien, sei jedoch keine anwaltliche Berufstätigkeit. Keine Rolle spiele dabei, dass sich an das Ergebnis der Prüfung rechtliche Folgerungen und rechtserhebliche Entschließungen des Auftraggebers knüpfen könnten.[454]

[452] Vgl. Jungk, AnwBl. 2004, 118.
[453] BGH, NJW 1970, 1189, 1190.
[454] BGH, VersR 1972, 1052, 1053.

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