Rz. 333

Die aufgezeigten Übereinstimmungen rechtfertigen einen Gleichlauf der Haftung des Abwicklers mit derjenigen des amtlich bestellten Vertreters. Aufgrund seiner Stellung als gesetzlicher Vertreter des früheren Rechtanwalts ist der Abwickler nicht Vertragspartei, weshalb eine Eigenhaftung des Vertreters ggü. dem auftraggebenden Mandanten regelmäßig ausscheidet.[767] Nur wenn der Abwickler einen eigenen Anwaltsvertrag mit dem Auftraggeber des Vertretenen abgeschlossen hat oder wenn er in den Vertrag zwischen dem Auftraggeber und dem früheren bzw. verstorbenen Rechtsanwalt eingetreten ist, haftet er nach allgemeinen Grundsätzen innerhalb des übernommenen Pflichtenkreises.

Nach anderer Auffassung ist haftungsrechtlich nach Pflichtenkreisen des Abwicklers und des verstorbenen bzw. früheren Rechtsanwalts zu differenzieren. Für Pflichtverletzungen ab dem Zeitpunkt der Bestellung soll nicht mehr der frühere Rechtsanwalt haften, vielmehr hafte der Abwickler selbst. Seine Haftung sei nur ausgeschlossen, soweit die Pflichtverletzung in den Aufgabenkreis des verstorbenen bzw. früheren Rechtsanwalts falle. Allerdings kann der Abwickler seinerseits verpflichtet sein, Fehler des früheren Rechtsanwalts zu beheben.[768]

 

Rz. 334

Neue Aufträge darf der Abwickler nur innerhalb der Sechs-Monats-Frist des § 55 Abs. 2 BRAO annehmen. Die Einlegung von Rechtsmitteln wird wie die Annahme eines neuen Auftrags behandelt.[769] Diese Frist beginnt bei Verlängerung seiner Bestellung nicht erneut.[770] Wird die Bestellung eines Rechtsanwalts nicht verlängert, sondern wird dieser von der Rechtsanwaltskammer zum wiederholten Mal zum Abwickler einer Kanzlei bestellt, ist er nach der weiteren Bestellung erneut zur Übernahme neuer Mandate mit den Befugnissen des verstorbenen Rechtsanwalts berechtigt.[771]

[767] Vgl. auch Vollkommer/Greger/Heinemann, § 18 Rn 27.
[768] OLG Düsseldorf, AnwBl. 1997, 226; Sieg, in Zugehör, HB der Anwaltshaftung, 2. Aufl., Rn 286 bis 288; BRAK, BRAK-Mitt. 1994, 22, 24; krit. zur Differenzierung: Borgmann/Jungk/Schwaiger, § 38 Rn 72.
[769] BGH, NJW 1992, 2158, 2159.
[770] BGH, NJW 1992, 2158; vgl. auch OLG Nürnberg, AnwBl. 1971, 203; OLG Hamburg, NJW 1972, 775.
[771] BGH, NJW 1991, 1236.

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